Die Kinderarmut in Deutschland nimmt wieder zu.
Das zeigt jetzt deutlich eine vom Deutschen Gewerkschaftsbund in Auftrag gegebene Studie. Obwohl die Arbeitslosenzahlen insgesamt stagnieren oder sogar rückläufig sind, beziehen immer mehr Familien mit Kindern über einen längeren Zeitraum hinweg Hartz IV und sind von Armut bedroht. Häufig ist materielle Not der Auslöser für vielschichtige soziale Probleme. Vor allem bei Kindern ist der Leidensdruck besonders groß, denn sie verstehen die Zusammenhänge noch nicht und geben oft sich selbst die Schuld, wenn ihre Eltern sie aufgrund der finanziellen Belastung vernachlässigen, psychische Krankheiten entwickeln oder es zu einer Trennung kommt.


Die Zahlen sind alarmierend und deuten auf ein gesellschaftliches Problem hin

Über 1,6 Millionen Kinder unter 15 Jahren lebten laut der Studie Mitte 2014 in Familien, die Hartz IV beziehen. Bei einem Großteil der betroffenen Kinder erhalten die Eltern schon drei Jahre oder länger staatliche Sozialleistungen. Das ist besonders problematisch, denn je länger Mütter oder Väter arbeitslos sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie es auch dauerhaft bleiben. Außerdem steigt das Risiko für Kinder aus armen Familien, selbst als Erwachsene von staatlichen Hilfen abhängig zu sein. Das Armutsrisiko wird also häufig "vererbt" und bedeutet eine große seelische Belastung für die Betroffenen.
Gefährdet sind vor allem kinderreiche Familien mit drei oder mehr Kindern, Familien mit Migrationshintergrund und einem geringen Bildungsniveau und Alleinerziehende. Dabei ist die Armut allein meist nicht das größte Problem. Die soziale Isolation, Gewissensbisse, Ängste und ein mangelndes Selbstwertgefühl führen oft dazu, dass betroffene Eltern nicht mehr in der Lage sind, sich angemessen um sich selbst und ihre Kinder zu kümmern. Oft kommen noch Suchtprobleme dazu.
Erschreckend: In Regierungskreisen scheint noch niemand einen Handlungsbedarf zu erkennen. Im 138 Seiten umfassenden Koalitionsvertrag von CDU und SPD wird der Begriff "Kinderarmut" nicht einmal erwähnt. Es ist also kein Wunder, dass sich Familien, Kindergärten, Schulen und gemeinnützige lokale Organisationen mit dem Problem allein gelassen fühlen, weil es weder staatliche Förderpläne noch zusätzliche Finanzmittel gibt. Der DGB fordert daher bundesweite Aktionsprogramme für Familien mit langzeitarbeitslosen Eltern, um die Perspektiven für Mütter, Väter und Kinder mittelfristig zu verbessern und den Leidensdruck der Betroffenen abzubauen.  

Wie können Erzieher mit Kinderarmut richtig und konstruktiv umgehen?

Die ersten Alarmsignale für soziale und finanzielle Probleme innerhalb von Familien zeigen sich häufig im Kindergarten. Meist bemerken Erzieherinnen, dass betroffene Kinder äußerlich vernachlässigt wirken, Verhaltensauffälligkeiten zeigen oder ohne Frühstück in die Einrichtung kommen. Solche Beobachtungen sollten immer schriftlich festgehalten und im Team besprochen werden. Der nächste Schritt ist das persönliche Gespräch mit den Eltern. Ziel eines solchen muss es sein, dass sich Familien ihre Lage eingestehen und sich zum Wohl ihrer Kinder Hilfe beim Jugendamt oder bei weiteren sozialen Trägern holen. Der Kindergarten sollte sich bemühen, Empathie zu zeigen und einen guten Kontakt zu den Eltern aufzubauen. Dabei ist es wichtig, dass Familien sich nicht bevormundet fühlen und die Situation nicht noch zusätzlich problematisiert wird. Grundsätzlich wollen Eltern schließlich das Beste für ihre Kinder und machen sich oft schwere Vorwürfe, wenn ihnen das nicht oder nicht mehr gelingt.
Empfinden Kinder ihre Lebensumstände dauerhaft als ungerecht und negativ, so hat das schwerwiegende Folgen für ihre Entwicklung und ihre persönlichen Perspektiven.
Was pädagogische Fachkräfte tun können, ist die Resilienz von gefährdeten Kindern zu stärken. Resilienz ist die psychische Widerstandskraft die Menschen zu sozialen und stabilen Persönlichkeiten heranwachsen lässt, auch wenn die persönlichen Lebensumstände in vielen Bereichen problematisch und schwierig sind.
Dabei ist es zunächst wichtig, dass betroffene Kinder Wertschätzung erfahren und ihre Stärken kennenlernen. So entwickeln sie Selbstvertrauen und machen die Erfahrung, dass sie wichtig sind und so angenommen werden, wie sie sind. Auch Regeln, Rituale und feste Bezugspersonen sind für von Armut und sozialer Benachteiligung gefährdete Kinder besonders wichtig. Daher sollten Sie darauf achten, dass die betreffenden Kinder regelmäßig den Kindergarten besuchen. Meist geht es ihnen dort besser als zu Hause, obwohl sie nur ein Kind unter vielen sind. In den Erzieherinnen finden die Kinder verlässliche Erwachsene, die ihnen zuhören und die ihnen in ihrem Verhalten ein Vorbild sein können und müssen. So entwickeln sie Problemlösungskompetenz und die Fähigkeit, mit Konflikten und negativen Erfahrungen konstruktiv umgehen zu können.
Darüber hinaus müssen Erzieher dafür sorgen, dass Armut nicht dazu führt, dass einzelne Kinder aus der Gemeinschaft der anderen ausgeschlossen werden. Dies kann geschehen, indem das Thema beispielsweise mithilfe von passenden Kinderbüchern bearbeitet wird

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