Ein pädagogisches Konzept beweist seine Praxistauglichkeit
Während früher, als Bildungsproramme im Elementarbereich noch seltene Ausnahmen waren, die Meinung vorherrschte, dass es zu früh sei, wenn man Kita-Kindern einfache mathematische Sachverhalte – in welcher Form auch immer – nahebringe, hat sich dies inzwischen grundlegend geändert. Die aktuell dominante didaktische Methode stützt sich dabei auf Regelspiele und nimmt die perspektivische Vorbereitung der Zielgruppe auf die Schule in den Fokus. Diese Vorgehensweise ist zwar nicht generell zu kritisieren, kann aber unter Umständen dazu führen, dass bei den teilnehmenden Kindern Spaß und Freude am „Mitmachen“ – und damit die Nachhaltigkeit des zweifellos gewonnenen Wissenszuwachses - beeinträchtigt werden.
Dass es auch anders – und vielleicht sogar besser - geht, belegen Sandra Jestand und Dr. Gerhard Friedrich anhand ihrer äußerst positiven Erfahrungen, die sie während eines „Mathe-Projektes“ in der städtischen Kindertagesstätte Alleestraße in Lahr sammelten und im vorliegenden Werk mit dem neugierig machenden Titel „Ich wäre der Verkäufer und du …“ in kompakter Form darlegen.
Am Beispiel des im Kleinkindalter vorherrschenden Rollenspiels wird aufgezeigt, wie Kinder lebensweltbezogen und spielerisch an die Mathematik herangeführt werden können. Man möchte sie befähigen, schon in der Kindergartenzeit sowohl instinktiv, aber auch bewusst mathematische „Werkzeuge“ zur Problemlösung einzusetzen.
Diesem Buch kann der interessierte Leser anschaulich entnehmen, dass – und wie - es gelingt, Kinder auf ihnen bereits vertrauten Wegen erfolgreich mit elementaren Themenfeldern der Mathematik bekannt zu machen.
Ohne den zentralen Nachahmungscharakter der Rollenspiele in Frage zu stellen, wird anhand origineller Praxisbeispiele aufgezeigt, wie engagierte Pädagog*innen einen signifikanten Beitrag leisten können, mathematisch bildende Momente im Rahmen der bei Kindern außerordentlich beliebten Spielform des Rollenspiels zu finden.
„Nüchterne“ mathematische Bildung und fantasievolles Rollenspiel, lässt sich beides überhaupt sinnvoll kombinieren? Das mag sich der eine oder andere Leser zu Beginn der Lektüre dieses Buches vielleicht kritisch fragen. Von Seite zu Seite wird seine anfängliche Skepsis weichen und der festen Überzeugung Platz schaffen, dass dies sehr wohl möglich ist.
Die Beweisführung der beiden Autoren ist nicht nur auf Grund ihrer fundierten pädagogischen Kompetenz überzeugend. Signifikante Unterstützung erhält sie durch die beteiligten Mädchen und Jungen, denen der Eifer und die Begeisterung, mit der sie ihre Rollen ausfüllen, aus den Augen spricht. Etliche während des Projektes entstandene Fotos, die auch Eingang in das Buch gefunden haben, zeigen dies.
Der Rezensent ist der Überzeugung, dass selbst Carl Friedrich Gauß seine helle Freude an dem gelungenen Projekt haben und das darauf beruhende Buch nicht nur dem „Herrn Lehrer Büttner“ zur anregenden Lektüre empfehlen würde.
Wer kann, mag diese Überzeugung widerlegen …
Sieghard Scheffczyk
Gerhard Friedrich / Sandra Jestand
Ich wäre der Verkäufer und du …
Frühe mathematische Bildung in Rollenspielen
112 Seiten, broschürt
Beltz Juventa
1. Auflage 2022
Preis: 15,95 €
ISBN: 978-3-7799—6753-8
auch als eBook (pdf) erhältlich
Preis: 14,99 €
ISBN: 978-3-7799-6754-5