Die aktuelle Studie „Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme“ der Bertelsmann Stiftung zeigt deutlich: In deutschen Kindertageseinrichtungen nimmt der Anteil pädagogisch qualifizierter Fachkräfte stetig ab. Immer häufiger müssen Kitas auf Personal ohne abgeschlossene pädagogische Ausbildung zurückgreifen, um die gesetzlich geforderten Betreuungsverhältnisse überhaupt noch aufrechterhalten zu können. Für Träger, Kommunen und Fachkräfte ist das ein besorgniserregendes Signal – denn gute frühkindliche Bildung steht und fällt mit gut ausgebildetem Personal.
Was sagt die Studie? Zahlen, Trends, Regionen
Die Bertelsmann-Studie dokumentiert, dass der Anteil von Kitas, in denen mindestens rund 82,5 % der Mitarbeitenden eine einschlägige Qualifikation besitzen, zwischen 2017 und 2024 deutlich gesunken ist. Deutschlandweit fiel der Anteil solcher Einrichtungen von etwa 41 % auf nur noch rund 31 %. Besonders stark betroffen sind Bremen, das Saarland, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Nur wenige Regionen konnten ihren Anteil stabil halten oder leicht verbessern.
Innerhalb der Bundesländer zeigen sich teils erhebliche Unterschiede: Während im thüringischen Landkreis Sömmerda über 94 % der Kitas eine hohe Fachkraftquote erreichen, liegt der Wert im bayerischen Landkreis Augsburg bei gerade einmal 2 %.
Ursachen des Rückgangs: Sparzwang und gesenkte Standards
Laut der Bertelsmann-Stiftung ist der Fachkräftemangel der zentrale Auslöser für diese Entwicklung. Viele Träger sehen sich gezwungen, die Anforderungen an pädagogische Qualifikationen zu lockern oder Quereinsteiger*innen aus fachfremden Berufen einzustellen. In manchen Bundesländern wurde der Fachkraftbegriff so stark ausgeweitet, dass mittlerweile auch Personen ohne pädagogische Ausbildung in Gruppen eingesetzt werden dürfen.
Diese Praxis führt jedoch zu wachsender Belastung der ausgebildeten Fachkräfte: Sie müssen zusätzlich die Einarbeitung und Anleitung unqualifizierter Kolleg*innen übernehmen, was die Qualität der pädagogischen Arbeit beeinträchtigen kann.
Folgen für Kinder, Mitarbeitende und Bildungssystem
Der sinkende Anteil gut ausgebildeter Fachkräfte gefährdet die pädagogische Qualität der frühen Bildung. Kinder erhalten weniger individuelle Förderung, Bildungsangebote müssen gekürzt oder vereinfacht werden, und der Druck auf das bestehende Personal steigt weiter. Viele Erzieher*innen berichten von Überlastung, sinkender Arbeitszufriedenheit und steigender Wechselbereitschaft – ein Teufelskreis, der die Fachkräftelücke weiter vergrößert.
Lösungsstrategien der Studie: Mindestquoten, Ausbildungsoffensiven und bessere Rahmenbedingungen
Die Bertelsmann Stiftung schlägt mehrere Maßnahmen vor, um die Kita-Qualität langfristig zu sichern:
- Verbindliche Mindestquoten für qualifiziertes Personal
Für jedes Kita-Team sollten klare Zielwerte gelten – kurzfristig etwa 72,5 %, langfristig bis zu 85 %.
- Ausbau flexibler Ausbildungswege
Berufsbegleitende und praxisintegrierte Ausbildungsgänge können helfen, neue Fachkräfte zu gewinnen, ohne auf Qualität zu verzichten.
- Stabilere Finanzierung und bundesweite Standards
Bund, Länder und Kommunen müssen gemeinsam verbindliche Personalstandards schaffen und eine verlässliche Finanzierung sicherstellen.
- Gezielte Förderung und Weiterbildung des bestehenden Personals
Um Fachkräfte im Beruf zu halten, sind bessere Arbeitsbedingungen, Fortbildungen und echte Aufstiegsperspektiven nötig.
Quelle: https://www.spiegel.de/panorama/bildung/kita-krise-anteil-ausgebildeter-fachkraefte-in-den-einrichtungen-sinkt-a-9e0271f0-8931-4548-85d9-1901b2030cb7
Link zur Studie: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/prekaere-professionalitaet
