Vorbereitungszeit in der Kita

Wird es bei Lehrern als Selbstverständlichkeit angesehen, dass ein Teil ihrer Arbeitszeit der Vor- und Nachbereitung von Unterrichtsstunden gilt, geht man im Falle von Erzieherinnen eher davon aus, dass sie ihre Dienstzeit mit direktem Dienst am Kind zubringen. Doch wann sollen Portfolios geschrieben, Angebote und Projekte vorbereitet, Elterngespräche geplant, Beobachtungen ausgewertet werden? Wann hat die Erzieherin Zeit, um in einer Fachzeitschrift zu blättern? Wie sieht es mit Einkäufen, Besprechungen, usw. aus? Viele Erzieherinnen stehen für alle diese Dienste außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit zur Verfügung. Noch immer gibt es Einrichtungen, in denen Einkäufe und Besorgungen nicht als Dienstzeit gelten. Von Vorbereitungszeit wollen viele Träger gar nichts wissen und auch Eltern reagieren leicht verschnupft, wenn eine Erzieherin ihre Verfügungszeit einfordert. Da stellt sich doch direkt die Frage: Sprechen wir Lehrern die Zeiten auch ab? Sicher nicht. Und deshalb sollten auch Erzieherinnen für ihre Vorbereitungszeit einstehen. Dabei gilt es, sich als Team zu positionieren, die Wichtigkeit dieser pädagogischen Arbeit außerhalb des Gruppengeschehens  herauszustellen und vor allem auch aufzuzeigen, dass alle Beteiligten davon profitieren.

 

Erzieher-Vorbereitungszeit gesetzlich verankert? Das sagt der TvöD zur Vorbereitungszeit für Erzieher

 

Es steht außer Frage, dass gut durchdachte pädagogische Arbeit nicht ausschließlich durch den intuitiven „Dienst am Kind“ geleistet werden kann. Vielmehr braucht es Vor- und Nachbereitungszeiten, in denen sich Erzieherinnen zurückziehen können, um Gespräche zu planen, Beobachtungen auszuwerten, etc. In manchen Arbeitsverträgen sind diese Verfügungszeiten mit einkalkuliert. Wer nach TvöD bezahlt wird, hat aktuell (Stand November 2023) das Recht 30 Stunden Verfügungszeit pro Jahr in Anspruch zu nehmen. Für alle Erzier*innen, die keine arbeitsvertragliche Regelung vorweisen können, besteht demnach kein Rechtsanspruch auf Verfügungszeit. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass die Diskussion um den Bildungsauftrag von Kitas zu einem ersten Umdenken bei Trägern führt und einige mittlerweile nachträgliche Ergänzungen zu den Arbeitsverträgen ihrer Mitarbeiterinnen eingefügt haben.
Und selbst wenn keine vertraglichen Vereinbarungen im Hinblick auf die Vorbereitungszeit existieren kannst du gemeinsam mit deinen Kolleg*innen versuchen Freiräume für jede einzelne Fachkraft zu schaffen. Dabei solltest du allerdings immer im Hinterkopf behalten, dass ohne eine feste vertragliche Regelung kein gesetzlicher Anspruch besteht.

 

So können Erzieher*innen die Vorbereitungszeit berechnen

 

Theoretisch kannst du dir selbst ausrechnen, wie viel Verfügungszeit dir als Erzieher*in gesetzlich zusteht, wenn du nach TvöD bezahlt wirst.
30 Tage im Jahr entsprechen einer durchschnittlichen gesetzlichen Verfügungszeit von ca. einer halben Stunde für eine in Vollzeit beschäftigte pädagogische Fachkraft pro Woche. Werden Schließ- und Urlaubstage berücksichtigt erhöht sich die Zeitspanne um ein paar Minuten.
Das ist zu wenig um Elterngespräche vor- und nachzubereiten, Beobachtungsbögen auszufüllen, Angebote zu planen oder Fachliteratur zu lesen, aber so sieht die gesetzliche Grundlage für nach Tarif bezahlte pädagogische Fachkräfte aus. Verfügungszeiten gehören zum Erzieher*innen-Job

 

Keine Zeit für Vorbereitungszeit?  


Personalmangel wird häufig als Grund für ausgefallene Vorbereitungszeit angegeben. Doch dieser Grund zählt nicht. Immerhin – und auch hier müssen die Lehrer wieder als Beispiel herhalten – wird in den Schulen die Anwesenheitsdauer der Lehrer auch nicht verlängert, nur weil Kollegen ausfallen. Mit einem gut strukturierten Dienstplan lassen sich Vor- und Nachbereitungszeiten fast immer einhalten – auch dann, wenn Personal fehlt. Dieses fehlende Personal darf nicht der Grund für schlechtere pädagogische Arbeit sein. Fehlende Vorbereitungszeitenen in der wirken sich in jeden Fall negativ auf die Qualitätsstandards aus. Wer keine Zeit hat, seine Arbeit zu reflektieren, neue Impulse aufzugreifen und Angebote zu planen kann sich nicht weiterentwickeln. Stillstand heißt Rückschritt- auch und gerade in der pädagogischen Arbeit mit Kindern. All  Erzieher*innen und Kita-Leitungen sollten daher für die Verfügungszeit kämpfen und auch Träger und Eltern davon überzeugen, dass nicht nur die unmittelbare Arbeit „am Kind“ wichtig ist.

 

Feierabend ist nicht Verfügungszeit

 

Damit du als Fachkraft wahrgenommen wirst und deine Professionalität herausstellst, musst vor allen Dingen Folgendes klar machen: NEIN, ich gehe nicht nach Dienstschluss einkaufen. Ich führe keine Elterngespräche nach der Arbeitszeit und Überstunden sollten die absolute Ausnahme bleiben. Niemand kann von mir verlangen, dass ich außerhalb meiner bezahlten Arbeitszeit Projekte vorbereite, Portfolios von Kindern bearbeite oder ein Elterngespräch plane. Ich bin Arbeitnehmer*in und habe eine vertraglich festgelegte Wochenarbeitszeit. Dafür stehe ich aber pünktlich zu Dienstbeginn meinem Arbeitgeber wieder mit vollem Einsatz zur Verfügung. Daher erwarte ich einen ebenso professionellen Umgang mit mir als Fachkraft. Dazu gehört auch, mir Vorbereitungszeit während meiner Dienstzeit einzugestehen und diese im Dienstplan zu verankern.

 

Klare Regeln für die Vor- und Nachbereitungszeit in der Kita

 

Die Verfügungszeiten in der Kita müssen von der Leitung in Absprache mit dem Träger so in den Dienstplan etabliert werden, dass sie zum Alltag dazugehören. Alle Planungen, die durch das Fehlen einer Fachkraft schon wieder zunichte gemacht werden, sind nutzlos und helfen niemandem. Daher gilt es, ein genaues Augenmerk auf die Dienstplangestaltung zu legen. Gute Zeiten zur Vor- und Nachbereitung sind Randzeiten morgens oder am Nachmittag außerhalb der Stoßzeiten, in denen viele Kinder betreut werden müssen.

Setze dich mit deinem Team zusammen und organisiere ein Brainstorming zu den verschiedenen Fragen, die bei der Planung zur Vorbereitungszeit aufkommen:

 

  • Was will ich während der Verfügungszeit erledigen?
  • Wo würde ich meine Verfügungszeit am liebsten verbringen?
  • Welche Zeiten halte ich für sinnvoll?
  • Wo finde ich Zeiten im Dienstplan, die unser Team als Verfügungszeit nutzen könnte? Warum?

 

Gut ist, wenn jede Erzieherin diese Frage erst einmal für sich selbst beantwortet und dann im Teamgespräch die Auswertung erfolgt. Was brauche ich? Was wollen wir erreichen? Und welchen Stellenwert hatte die Vorbereitungszeit bisher in unserer Arbeit?

 

Den Dienstplan in der Kita effektiv gestalten

 

Sicher, die Dienstplangestaltung ist Sache der Kita-Leitung und sie ist am Ende auch dafür verantwortlich, dass alles funktioniert. Trotzdem ist es besonders wichtig, das Team in die Planung einzubeziehen. Viele Augen sehen einfach mehr. Und vielleicht hat die Leitung in manchen Dingen auch einen anderen Blick auf die Situation, als die Erzieherin. Gerade bei freigestellten Leitungen fehlt hin und wieder der Einblick in die konkreten Anforderungen in einer Gruppe oder einem Projektraum. Es kann durchaus möglich sein, dass ein Projektraum in einer offenen Einrichtung zu verschiedenen Uhrzeiten stark frequentiert ist, zu anderen Zeiten hingegen weniger. Da wäre es doch bestens, die zuständige Erzieherin dann in die Vorbereitungszeit zu schicken, wenn der Raum problemlos von der Kollegin allein geführt werden kann. Um herauszufinden, welche Zeiten für die Kolleginnen in den einzelnen Gruppen oder Funktionsräume sinnvoll und angebracht sind, lohnt sich eine Analyse der Ist-Situation.

Hierfür sammelt das Team Zahlen und Fakten über einen Zeitraum von etwa vier Wochen. Folgende Fragen können dafür eine Orientierung bieten:

 

  • Wie viele Kinder sind wann in welcher Gruppe anwesend?
  • Von wie vielen Eltern wurde ich wann angesprochen?
  • Wann sind Besucher in der Einrichtung?
  • Zu welchen Tages- und Wochenzeiten werden besondere Aktivitäten durchführt?
  • Wann sind Kollegen allein in einem Gruppenraum? Wann zu zweit oder sogar zu dritt?

 

Jeder nimmt anschließend seine Auswertungen mit ins Teamgespräch und anschließend entscheidet jede Gruppe getrennt, welche Zeiten als Verfügungszeiten dienen könnten.

 

Im Anschluss daran liegt es bei der Leitung, sich die Auswertungen genau anzuschauen und die entsprechende Planung vorzunehmen. Nachdem ein Dienstplan gestaltet wurde, lohnt es sich in jedem Fall, erneut im Team darüber zu reden und mögliche Änderungen gemeinsam anzugehen.

 

Klare Ansage an den Träger im Hinblick auf Verfügungszeit

 

Trägervertreter, gerade dann, wenn sie ehrenamtlich tätig sind oder aus einem Bürojob kommen, können die vielen Hintergründe, die es bei der Planung von Vorbereitungszeiten zu berücksichtigen gibt, nicht immer nachvollziehen. Daher gilt es Klarheit zu schaffen und den Träger für das Anliegen zu sensibilisieren. Meist hilft es schon, auf die Bitte nach Dienstschluss noch schnell Kleber zu kaufen so zu reagieren: „Klar kann ich das machen. Aber wie oft haben Sie Ihr Druckerpapier schon nach Feierabend besorgen müssen?“

Wird den Verantwortlichen der Spiegel vorgehalten und gelingt eine klare Positionierung, dann trägt das auch dazu bei, dass Erzieher*innen nicht als „spielende Kindergartentanten“ wahrgenommen werden, sondern als kompetente Fachkraft.

 

Vor- und Nachbereitungszeiten sind wichtige Aspekte in der Erzieherarbeit

 

Durch eine vorausschauende Planung der Verfügungszeiten für die pädagogischen Fachkräfte profitiert am Ende die gesamte Einrichtung. Erzieher*innen, die wissen, dass sie für ihre pädagogischen Planungen entsprechend Zeit zur Verfügung haben, können sich in vollem Maße den Kindern widmen, wenn „Dienst am Kind“ ansteht. Wer aber ständig gehetzt ist, weil noch zig Sachen erledigt werden müssen, ohne dafür Zeit zu haben, brennt aus. Nicht zuletzt das sind Gründe für häufig auftretende psychische Belastungsreaktionen bei der Kita-Personal. So beginnt oft ein Teufelskreis, aus dem sich manch einer kaum mehr befreien kann. Kinder brauchen Erzieher*innen, die für ihren Job und ihre wichtige Aufgabe brennen. Man kann aber nur für etwas brennen, wenn man auch Zeit hat, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen.

 

Was mache ich in der Vorbereitungszeit?

 

Vielleicht kennst auch du Kolleginnen, die nicht wissen, was sie mit ihrer Zeit anfangen sollen. Da kommt auch die Frage auf, was sie mit der zugeteilten Verfügungszeit anfangen sollen- gerade in Einrichtungen, in denen diese Zeiten neu etabliert werden. Auch hier kann das Teamgespräch dazu genutzt werden genaue Ziele festzulegen, was die Vorbereitungszeit bringen und welche Situationen vermieden werden sollen: Es wäre unfair den Kolleg*innen gegenüber in der Gruppe zu sitzen und an einem Portfolio zu arbeiten, während man eigentlich Dienst am Kind hat. Das gilt selbstverständlich auch für private Erledigungen während der Vorbereitungszeit.

Sinnvoll ist es Ziele festzulegen und immer wieder gemeinsam zu reflektieren, ob diese auch eingehalten werden. Mögliche Zielvorgaben können sein:
 

 

  • Wir halten unsere Portfolios aktuell (im Rhythmus von spätestens zwei Monaten werden sie bearbeitet)
  • Wir planen unsere Angebote immer eine Woche im Voraus, um Absprachen mit Kolleg*innen treffen zu können
  • Wir führen jede Woche mindestens eine Beobachtung durch, die wir während der Verfügungszeit auswerten
  • Wir planen anstehende Elterngespräche mindestens eine Woche vorab
  • Wir planen unsere Projekte immer einen Monat vorab
  • Wir nutzen die Verfügungszeit zur Vor- und Nachbereitung von Festen, Feiern, Elternabenden, besonderen Veranstaltungen

 

Wer seine Vorbereitungszeit als Erzieherin effektiv gestaltet kann auch auf kritische Bemerkungen von Seiten der Eltern entsprechend reagieren. Das wirkt kompetent und beweist eine professionelle Arbeitshaltung.


 

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