Freispiel Kita


 

Freispiel ist eine der wertvollsten Lernchancen für Kinder. Nur im freien Spiel können sie ihre Kreativität entfalten und dies in den unterschiedlichsten Situationen. Wenn sich Erzieherinnen zurücknehmen, die Rolle der Beobachterin einnehmen und Kindern das Vertrauen schenken, ihr Spiel selbst zu gestalten, entstehen vielfältige Lernprozesse. Zunächst einmal sind die Kinder mit der Auswahl ihrer Spielpartner beschäftigt und müssen sich dadurch mit der Eigenart und den Bedürfnissen ihres Gegenübers auseinandersetzen. Hier gilt es, Rollen zu verteilen und den eigenen Platz zu finden. Dabei entwickeln die Kinder Strategien, sich selbst zurückzunehmen, die Meinungen anderer zu akzeptieren. Zugleich entstehen im kreativen Prozess neue Ideen, die sowohl im Rollenspiel als auch im kreativen Gestalten ausgebaut und von den Kindern umgesetzt werden können. Fehler bieten Kindern Lernchancen, nur durch Fehler entwickeln sie sich und ihr Tun weiter. Sie lernen mit Frustration umzugehen und neue Lösungswege zu entwickeln.

 

Blick in die Theorie der Reformpädagogik

 

Ein schönes Zitat dazu gibt es in einem Buch von Elisabeth C. Gründler und Norbert Schäfer: „Nur im freien Spiel entfaltet sich menschliche Intelligenz“. Dass die Art des freien Lernens für Kinder ein besonderes Erfahrungsfeld bietet, erkannten bereits Reformpädagogen und übertrugen die Lehren alter Reformer ins 19./20. Jahrhundert. Viele Aspekte des heutigen Freispiels hat bereits Johannes Friedrich Pestalozzi im 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts berücksichtigt, als er seine Pädagogik auf die ganzheitliche Entwicklung des Menschen ausrichtete. Ähnlich wie bei der Montessori-Pädagogik, die mit dem Leitsatz „Hilf mir, es selbst zu tun“, bekannt ist, legte auch Pestalozzi sein Hauptaugenmerk auf die Eigenaktivitäten von Kindern. Viele seiner Schüler übernahmen Teile seines Denkens und verbreiteten diese in der Welt der pädagogischen Reformer. Es ist besonders spannend, zu erkennen, dass die Lehren von damals, bis heute nichts an ihrer Aktualität verloren haben. Vielmehr steht da Freispiel auch zur heutigen Zeit als wesentliches Lernfeld im Fokus deiner täglichen Arbeit in Kita und Krippe.

 

Welche Aufgabe hat die Erzieherin?

 

Um eine gute Atmosphäre für das freie Spiel von Kindern vorzubereiten, musst du verschiedene Details beachten. Freispiel beschränkt sich nicht nur auf das Auswählen eines Buches, eines Brettspiels, usw. Das Freispiel findet in allen Bereichen des Alltags in Kita und Krippe statt. So ist es in erster Linie wichtig, den Kindern Spielräume zu gestalten, die sie gefahrlos nutzen können. Zeige ihnen, dass du Vertrauen in sie und ihr Tun hast. Sei Ansprechpartner, wenn Kinder nach Lösungen suchen und deinen Rat benötigen. Lass zu, dass sie Fehler machen und sich neu ausprobieren. Gib Impulse, um den Kindern den Start ins Freispiel zu erleichtern. Erzieherinnen sind Bildungspartner für die Kinder. Im Freispiel kannst du daher auch als Spielpartnerin dienen. Dann begegnest du den Kindern auf Augenhöhe und nimmst dich bestenfalls zurück, wenn es beispielsweise beim Turmbau mit Holzklötzen, um die stabilste Konstruktion geht. Hier gilt es, den Kindern den Freiraum zu ausprobieren, scheitern und umdenken zu gewähren.

 

Das Raum- und Materialangebot ist für Freispiel unerlässlich

 

Durch ein abwechslungsreiches und inspirierendes Raum- und Materialangebot schaffst du mit deinen Kolleginnen und Kollegen eine gute Grundlage, die den Kindern ermöglicht, sich frei zu entfalten. Denke immer daran, dass beim Freispiel die Kinder ihr Material und die Art des Spiels, die Spielpartner und den Spielort selbst bestimmen. Zugleich gibst du ihnen mit gewissen Regeln und gleichzeitigem Vertrauen die Sicherheit, die sie benötigen, um sich voll zu entfalten.

 

Gibt es Unterschiede im Freispiel von Krippe und Kindergarten?

 

Krippenkinder sind viel weniger selbständig als Kinder im Kindergartenalter. Schon allein dadurch unterscheidet sich das Freispiel der verschiedenen Altersgruppen. Doch auch in der Krippe ist freies Spiel wert- und sinnvoll. Durch passende Raumgestaltung bietest du schon den Jüngsten die Möglichkeit, ihren Spielort und das Material selbst zu wählen. Deine Rolle als Beobachterin verändert sich, je jünger die Kinder sind. Biete deine Hilfe an, wenn sie gebraucht wird, um einen bestimmten Spielort zu erreichen oder ein Material zu benutzen. Doch halte dich zugleich mit zu vielen Vorgaben an Raum und Zeit des freien Spiels zurück. Halte es aus, wenn ein Kind sich hinlegt und „nur“ mit seinen Händen, Füßen spielt. Lass das Kind sich im Spiegel betrachten und seine Bewegungen erkennen. Traue dem Kind zu, dass es ein Hindernis überwinden kann, wenn es sich selbst heranwagt. Oft neigen Erwachsene dazu, dem Kind aufzudiktieren, dass es etwas nicht kann. Eigentlich ist es allerdings genau umgekehrt, denn Kinder können ziemlich gut einschätzen, was sie sich zutrauen können und werden in der Regel keine utopischen Versuche starten, eine neue Herausforderung anzugehen.

 

Im Kindergarten bedeutet Freispiel oft Rollenspiele durch Verkleiden, Bauen, etc. Die Möglichkeit, einen anderen Raum aufzusuchen, das Spielmaterial zu wählen und auch den Spielpartner zu wechseln, sind nur einige wichtige Details des Freispiels. Als Erzieherin kannst du dabei gut erkennen, ob ein Kind ständig die Spielpartner wechselt, ob es Begonnenes zu Ende bringt und wie lange es an einer Sache bleibt. Diese Erkenntnisse kannst du für Elterngespräche und Entwicklungsstandsgespräche nutzen. Auch hier ist es jedoch wichtig, dem Kind den Freiraum zu geben, auch ein unstet handelndes Kind nicht zu unterbrechen, sondern vielmehr die Chance zu geben, aus den eigenen Fehlern zu lernen. Es ist nicht unüblich, dass Kinder, die oft ihre Spielpartner wechseln, von anderen nicht mehr gefragt werden, ob sie mitspielen möchten. Das wiederum führt häufig zum Umdenken bei den Betroffenen. Und hier gilt es, als Erzieherin, abzuwarten und auszuhalten.

Was ist ein Freispielimpuls oder eine Freispielanregung?

 

Damit Kinder im Freispiel immer wieder neue Lernmöglichkeiten entdecken, braucht es Impulse und Anregungen durch die pädagogischen Fachkräfte. Das geschieht etwa durch das Raumkonzept, das in eurer Einrichtung gegeben ist und nur bedingt veränderbar ist. Einen kleinen Raum kann man nicht „einfach so“ vergrößern. Stattdessen kannst du aber möglicherweise einen zweiten Raum zur Verfügung stellen, in den sich Kinder zurückziehen können. Freispielimpulse entstehen also durch die Öffnung des Raumes, durch anregende Spielfelder und ausgewähltes Material. Hierbei ist wichtig: Nicht die Menge macht gutes Freispiel aus, sondern die Auswahl. So kannst du mit Naturmaterialien andere Freispielanregungen geben, als mit Schrauben, Metallplatten, etc. Wähle gezielt Materialien aus, die du in regelmäßigen Abständen austauschst. Dadurch sind die Kinder immer wieder neu gefordert, ihre Spielweise zu überdenken, neue Lernfelder für sich selbst zu eröffnen und sich mit anderen auszutauschen.

Wie integriert man das Freispiel in ein pädagogisches Konzept?

 

Das Freispiel gehört in jedes pädagogische Konzept. Dabei ist es vor allem wichtig, nicht zu denken, dass du nichts arbeitest, weil die Kinder frei spielen. Vielmehr verändert sich deine Rolle während des Freispiels. Du bist Beobachterin und Impulsgeberin. Bei angeleiteten Projekten bist du ja die „Lehrerin“. Das ist im freien Spiel nicht notwendig.

 

Die Kritiker überzeugen

 

Leider sitzt bei vielen Eltern und Entscheidungsträgern noch immer der Glaubenssatz, dass die Kinder ja „nur spielen“. Durch gezielte Darstellung der unzähligen Lernmöglichkeiten im Freispiel, entschärfst du die Denkweise der Freispielkritiker. Sobald das Freispiel in eurem Konzept als festes Lernfeld verankert ist, wächst auch seine Bedeutung. Freispiel wird anders wahrgenommen und wertgeschätzt. Spätestens wenn Eltern erfahren, was ihr Kind während des Freispiels gelernt hat, findet ein Umdenken statt. Hierfür sind die Erzieherinnen und Erzieher gefordert. Das Lernen im Freispiel sollte unbedingt dokumentiert werden.

 

Ein paar Anregungen für freies Spiel

 

  • Stelle anregendes Material zur Verfügung, das nicht zwingend Lösungen vorgibt (Naturmaterialien, Holzbausteine, Spiegel, Malfarben, Nägel, Bierdeckel, Papiere, Pinsel, Klebstoff, Stoffreste, …)
  • Achte darauf, dass die Materialien nie alle verfügbar sind. Die die vorhanden sind, sollten für die Kinder auch erreichbar sein.
  • Modellkleider, Handwerkszeug, Bewegungsmöglichkeiten sind wichtige Handlungsfelder für die Kinder, bei denen sie ihrem Bewegungsdrang nachgehen, neue Arbeitsweisen kennenlernen und in fremde Rollen schlüpfen können.
  • Öffne den Raum nach draußen oder in benachbarte Räume, sodass die Kinder den Ort ihres Spiels frei wählen können.
  • Achte auf eine abwechslungsreiche Materialauswahl, die den unterschiedlichen Kindern und ihren Bedürfnissen gerecht wird.
  • Sogenannte „Aktionstabletts“, auf denen die Kinder verschiedene Materialien vorfinden und diese nach ihrem Willen be- und verarbeiten sind hervorragend für die Freispielzeit geeignet.

 

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