„Ich bilde mich regelmäßig fort und lese Fachliteratur – muss ich als Erzieherin da zusätzlich auch noch an einer Supervision teilnehmen?“
In den allermeisten Fällen lautet die Antwort eindeutig „ja“!
Die Anforderungen an pädagogische Fachkräfte sind in den letzten Jahren gestiegen. Gleichzeitig wird ein gutes Qualitätsmanagement in sozialpädagogischen Einrichtungen immer wichtiger. Natürlich erlernen Erzieherinnen und Erzieher in ihrer Ausbildung die wichtigsten Kompetenzen, die sie für ihre Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und deren Eltern brauchen. Dennoch erleben selbst erfahrene Fachkräfte fast täglich Situationen, die sie an ihre Grenzen stoßen lassen. Das können Probleme im Umgang mit Kindern sein, die ein besonders herausforderndes Verhalten zeigen, aber ebenso Konflikte mit Kolleginnen und Kollegen, zwischen dem Team und der Leitung oder Differenzen mit Eltern. Manchmal ist es vielleicht auch die eigene Rolle innerhalb eines Teams, die nicht geklärt ist – zum Beispiel dann, wenn man als Berufsanfängerin mit wenig praktischer Erfahrung seinen Platz in einem Team finden muss, welches schon lange zusammenarbeitet.
Oder aber es sind Veränderungen in der pädagogischen Arbeit, die Fachkräfte an ihre Grenzen bringen, wie beispielsweise die Einhaltung von Qualitätsstandards, die Integration von Flüchtlingsfamilien bzw. Familien aus sozial schwachen Milieus, die Umsetzung von pädagogischen Richtlinien oder die Ausarbeitung eines neuen Konzeptes.
Was versteht man unter dem Begriff „Supervision“?
Bei der Supervision handelt es sich um eine berufliche Beratungsform, die in vielen Branchen mittlerweile eingesetzt wird und den Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, die Anforderungen in ihrem Job und/oder ihre eigene Rolle im Beruf und die damit verbundenen Herausforderungen zu reflektieren und kritisch zu hinterfragen.
Welche Themen genau bearbeitet werden, legt aber nicht der Supervisor fest, sondern die Supervisionsteilnehmer. Der Supervisor übernimmt die Rolle des Moderators oder Mediators, stellt Fragen und gibt Anregungen. Der Verlauf der Supervision wird nicht geplant, sondern hängt davon ab, welche Themenschwerpunkte die Teilnehmer sich wünschen. Das ist der entscheidende Unterschied zu einer Fort- oder Weiterbildung: Eine Supervison ist eine individuelle auf ein Team oder auf eine kleine Gruppe von Kita-Leitungen zugeschnittene Beratungsreihe. Die aktive Teilnahme der einzelnen Teammitglieder ist wichtig, damit eine Supervision gelingen kann. Oft ist es sinnvoll, wenn die Supervision nicht nur einmalig stattfindet, sondern in regelmäßigen Abständen. So können gemeinsam erarbeitete Handlungsstrategien für den pädagogischen Alltag umgesetzt und später kritisch auf ihre Praxistauglichkeit hin hinterfragt werden.
Beispiel:
Die Kita „Sonnenblume“ möchte im neuen Kindergartenjahr die besehenden Gruppenstrukturen auflösen und offen arbeiten. Es wurde bereits damit begonnen, das pädagogisches Konzept zu überarbeiten und zu ergänzen.
Einige Eltern, Träger und auch zwei der älteren Erzieherinnen stehen dem offenen Ansatz allerdings kritisch gegenüber, wohingegen die Leitung die Konzeptänderung befürwortet, weil sie eine in ihren Augen überzeugende Fortbildung zu dem Thema besucht hat. Die jüngeren Kolleginnen sind offen für die Neuerung, fragen sich jedoch, wie sich das offene Konzept professionell in die Praxis umsetzen lässt und welche neuen Anforderungen diese doch recht einschneidenden Veränderungen mit sich bringen werden.
Das Beispiel zeigt deutlich, dass ein Kita-Team im Alltag oft mit Situationen konfrontiert wird, die professionelle Handlungsstrategien erfordern. Diese zu entwickeln, ohne dass sich irgendjemand übergangen oder überfordert fühlt ist sehr schwer. Eine Supervision kann in diesem Fall helfen, mögliche Probleme und Konflikte aufzugreifen und alle Beteiligten in ihrer Rolle zu stärken. Wahrscheinlich wird es nötig sein, dass die Supervision bis zum Start des neuen Kindergartenjahres regelmäßig stattfindet, damit der Wechsel zum offenen Konzept möglichst reibungslos verläuft. Wahrscheinlich ist es sinnvoll, auch Trägervertreter in die Supervision miteinzubeziehen und gemeinsam zu überlegen, wie Eltern die konzeptionellen und strukturellen Veränderungen nahe gebracht werden können.
Weitere Gründe eine Supervision in Anspruch zu nehmen könnten sein
- die Eröffnung einer neuen Einrichtung
- die erstmalige Aufnahme von Kindern unter drei Jahren
- Veränderungen in der Teamstruktur/ Wechsel der Leitung
- Konflikte zwischen Leitung und Team/ Team und Träger/ innerhalb des Teams
- Probleme mit Eltern/ dem Elternrat, Beschwerden von Seiten der Eltern
- Strukturelle Schwierigkeiten
- pädagogische Härte- oder Notfälle (z.B. wenn eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, ein Kind durch sein Verhalten andere Kinder oder den Kita-Alltag massiv beeinträchtigt, wenn ein Kind lebensbedrohlich erkrankt usw.)
Gibt es unterschiedliche Formen der Supervision?
Wie bereits erwähnt gibt es kein festgelegtes Schema, nach dem eine Supervision durchgeführt wird. Die Verantwortung, dass die Beratung erfolgreich verläuft, liegt bei den Teilnehmern selbst, wobei natürlich dem Supervisor eine wichtige Rolle zukommt. Dieser hat im Idealfall viel Erfahrung in der Beratung von Kita-Personal und selbst im pädagogischen Bereich tätig. Meist legen Kita-Leitung und Supervisor fest, welche (vom gesamten Team gewünschten) Themen bearbeitet werden sollen. Wie viele Beratungseinheiten notwendig sind, ergibt sich im Idealfall aus dem Beratungsverlauf, ist aber natürlich auch eine Budgetfrage. Gerade, wenn Konflikte innerhalb eines Teams aufgearbeitet werden, kann es auch schon mal emotional zugehen. Das gilt auch für die sogenannte „Fall-Supervision“. Diese bietet sich an, wenn das Team beispielsweise in der Arbeit mit einem bestimmten Kind und/oder dessen Familie an seine Grenzen stößt. Gerade in Einrichtungen, die in einem sozialen Brennpunkt liegen, sind solche Fallbesprechungen wichtig und leider häufig nötig, um Kinder vor Gefahren zu schützen und Familien zu stärken. Aber auch pädagogische Fachkräfte profitieren in der Regel vom Input, den erfahrene Berater geben können. Darüber hinaus können Kita-Leitungen Einzelcoachings oder Gruppensupervisionen mit anderen Leitungskräften in Anspruch nehmen, um ihre Führungskompetenzen zu verbessern, um Anregungen zu erhalten, wie sie ihre Aufgaben besser strukturieren oder um wertvolle Anregungen rund um das Kita-Management zu erhalten. Grundsätzlich gilt: Supervision kann auch präventiv viel leisten und sollte nicht unbedingt erst dann in Anspruch genommen werden, wenn die Probleme und Konflikte zu eskalieren drohen. Im Idealfall kann eine begleitende Supervision die individuellen Ressourcen und Kompetenzen der einzelnen Teammitglieder stärken und gleichzeitig dazu beitragen, dass ein besseres Zusammengehörigkeitsgefühl entsteht. Und davon profitiert die pädagogische Qualität einer Einrichtung enorm.
Was kostet eine Supervision?
Die Kosten einer Supervision können sehr unterschiedlich ausfallen und sind natürlich abhängig davon, wie viele Beratungseinheiten stattfinden. Die meisten Supervisoren arbeiten auf selbstständiger Basis und dürfen ihre Preise individuell gestalten. In der Regel werden ein fester Stundensatz sowie die anfallenden Fahrtkosten in Rechnung gestellt. Ob sich eine Einrichtung eine Supervision leisten kann, hängt davon ab wie hoch das vom Träger vorgesehen Budget für Fort- und Weiterbildungen ausfällt. Aber: Wenn eine Supervision sinnvoll und notwendig ist, dann empfiehlt es sich an anderer Stelle zu sparen, damit diese stattfinden kann. Was bringt es einem zerstrittenen Team, wenn einzelne Mitarbeiter Fortbildungen zur Sprachförderung besuchen, wenn niemand davon profitiert? Dann ist es besser Einzelfortbildungen zu streichen und lieber gemeinsam an einem Problem zu arbeiten, welches alle Mitarbeiter betrifft und von dessen Lösung die Kinder, die Eltern und auch der Träger profitieren.
Wie findet man einen guten Supervisor oder Coach für den pädagogischen Bereich?
Ob ein Supervisor und ein pädagogisches Team vertrauensvoll und produktiv zusammenarbeiten können kann man nicht pauschal sagen. Es hängt davon ab, ob gegenseitige Sympathie und die grundsätzliche Bereitschaft aller Beteiligten besteht, gemeinsam etwas zu erreichen. Viele Supervisoren leiten auch Fortbildungen zu verschiedenen Themen – wenn also Mitglieder eines Teams von einer Fortbildung begeistert sind, weil der jeweilige Dozent durch seine Persönlichkeitbund sein Fachwissen überzeugt, dann ist das schon einmal ein gutes Zeichen. Viele seriöse Supervisoren bieten auch zunächst ein unverbindliches Kennenlerngespräch an damit man herauszufinden kann, ob die „Chemie stimmt“. Eine Datenbank mit den Profilen und Kontaktdaten von über 1500 erfahren Supervisoren und Coaches für den Bereich Kindheit, Jugend und Familie stellt die „Deutsche Gesellschaft für Supervision und Coaching e.V“. (DGSv) bereit, die sich für die Qualität in dieser Branche einsetzt.
Wie läuft eine Fachberatung in Krippen, Kitas und anderen sozialpädagogischen Einrichtungen ab?
Ein Fachberater oder eine Fachberaterin unterstützt Kitas, Krippen und andere pädagogische Einrichtungen in allen pädagogischen, strukturellen und rechtlichen Fragen. Anders als externe Supervisoren sind Fachberater oft fest bei einem Träger angestellt und betreuen dessen Einrichtungen oder sie arbeiten für die zuständigen Kommune und beraten trägerübergreifend. Sie stellen sicher, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse, pädagogische Konzepte und gesetzliche Vorgaben in der Praxis umgesetzt werden. Häufig sind die Fachberater auch für die Koordination trägerinterner Fortbildungen zuständig. Gleichzeitig spiegeln die Fachberater die Erfahrungen, die sie aus der Praxis mitbringen, dem zuständigen Fachverband zurück, der wiederum Einfluss auf die Bildungspolitik des jeweiligen Bundeslandes nimmt. Es ist üblich, dass sich die Leitungen der Einrichtungen, für die ein Fachberater zuständig ist, sich regelmäßig zur Fachberatung treffen. Der Fachberater oder die Fachberaterin moderiert diese Treffen. Diese diesen dem Austausch von Erfahrungen und Informationen, welche später dann von den Leitungen an ihre Teams weitergeben werden. Wenn mehrere Kitas Beratungsbedarf im Hinblick auf ein spezifisches Thema haben, werden Arbeitskreise eingerichtet. Die Fachberatung kann aber auch vor Ort ablaufen und sich auf eine individuelle Thematik beziehen, wenn die Leitung dies wünscht. Beispielsweise berät der Fachberater die Kitas zu Themen wie Qualitätsmanagement, Konzeptentwicklung, Methodeneinsatz usw. Das Feedback im Hinblick auf Probleme und Entwicklungspotenzial in der pädagogischen Praxis, welches die Fachberater von den Einrichtungen erhalten, geben diese an den Träger und an Gremien weiter, die sich mit Bildungspolitik beschäftigen. Damit die Qualität der Arbeit in Kitas aufrechterhalten und sich noch weiter verbessern kann ist es daher wichtig, dass die Einrichtung eng mit den zuständigen Fachberatern zusammenarbeiten. Sie sollen und dürfen Kritik äußern und um Hilfe bitten, wenn Probleme auftreten.