
Erzieher*innen sind gesucht und heiß begehrt – trotzdem kehren viele Fachkräfte der Branche früher oder später den Rücken. Die Gründe sind vielseitig, oft spielen aber die hohe Arbeitsbelatung, Stress und eine vergleichsweise geringe Bezahlung eine Rolle.
Die Antworten findest du im nachfolgenden Text!
Wo kann man als Erzieherin arbeiten? Pädagogische Berufsfelder im Überblick
Die beruflichen Möglichkeiten für Erzieherinnen und Erzieher sind vielfältig. Sie arbeiten in
- Kitas und Krippen
- Horten und in der „Offenen Ganztagsschule“ (OGS)
- Hotels und Kureinrichtungen
- Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen
- Jugendämtern
- Spiel- und Krabbelgruppen
- Krankenhäusern
- Heimen und Wohngruppen für Kinder und Jugendliche
Die Arbeit in den unterschiedlichen Einrichtungen unterscheidet sich teilweise stark voneinander, so dass berufliche Veränderungen jederzeit möglich sind, wenn dich dein derzeitiger Job nicht ausfüllt oder wenn du Probleme hast.
Wichtig ist, dass du ehrlich zu dir selbst bist: Wo genau drückt der Schuh – verstehst du dich nicht mit den Kolleg*innen?
Stimmen die Arbeitsbedingungen nicht?
Passt das jeweilige Konzept nicht zu dir oder deinen Vorstellungen von pädagogischer Arbeit? Oder würdest du gerne mit einer anderen Zielgruppe arbeiten (Kleinkinder, Jugendliche oder Erwachsene)?
Wünscht du dir mehr Möglichkeiten der Mitgestaltung?
Oder ist dir die Verantwortung, die du zur Zeit trägst zu groß?
Fehlt dir die Zeit, Kinder individuell zu fördern oder macht es dir am meisten Spaß Angebote für Klein- und Großgruppen zu entwickeln?
Stehst du gerne im Mittelpunkt oder bist du eher introvertiert?
Wenn du dich intensiv mit der Beantwortung dieser Fragen beschäftigst wirst du wahrscheinlich schnell herausfinden, ob du dich beruflich verändern solltest und in welche Richtung die Reise gehen soll. Nachfolgend geben wir dir einen Überblick über alternative Berufe für Erzieher.
Eine berufliche Neuorientierung gewünscht? Alternative Berufsfelder für Erzieher
Ausgangssituation 1: „Ich möchte einzelne Kinder gezielter fördern.“
Es kann frustrierend sein festzustellen, dass im Erzieheralltag eine individuelle Förderung einzelner Kinder kaum möglich ist. Gründe dafür können mit den strukturellen Gegebenheiten zusammen hängen (Personalmangel, zu große Gruppen, zu viele Kinder mit speziellem Förderbedarf) und/oder mit dem Umstand, dass das in der Erzieherausbildung vermittelte Fachwissen nicht ausreicht.
Wenn du also feststellst, dass du zwar weiterhin mit Kindern arbeiten möchtest, aber eben gezielter, dann stehen die mehrere Möglichkeiten offen. Kinder mit Handicap, egal ob im Hinblick auf die körperliche, seelische, oder kognitive Entwicklung brauchen häufig eine 1:1- Betreuung. Je nach Fall wird dafür pädagogisch geschultes Personal eingestellt.
Alternativ kannst du Fortbildungen zu den Themen Sprachförderung, Motopädie, Inklusion, Hochbegabung usw. besuchen und dich so im pädagogischen Bereich spezialisieren. Anschließend bietest du Einzel- oder Kleingruppenförderung innerhalb deiner Enrichtung an. Die meisten Träger sind offen für derartige Ansätze, weil sie Inklusion möglich machen und das jeweilige Bildungskonzept bereichern. Wenn du nicht davor zurückscheust noch einmal eine komplette Ausbildung zu absolvieren, dann solltest du dir vielleicht die Berufsfelder Moto-, Ergo- oder Logopädie einmal genauer anschauen.
Ausgangssituation 2: „Ich will mehr Verantwortung übernehmen und mitgestalten“.
In diesem solltest du dir überlegen, ob du mittelfristig als Kita-Leitung arbeiten möchtest. Häufig übernimmt auch die stellvertretende Leitung bereits viele organisatorische und administrative Aufgaben und braucht dafür keine Zusatzausbildung. Hier gilt in den meisten Fällen: „Learning by Doing“.
Möchtest du eine sozialpädagogische Einrichtung leiten brauchst du Berufserfahrung und in der Regel entsprechende Zusatzqualifikationen im Bereich Sozialmanagement und Verwaltung, die aber nahezu jeder Bildunsträger anbietet. Ein Studium, zum Beispiel „Soziale Arbeit“ oder „Bildungsmanagment“ ist in der Regel nicht zwingend erforderlich, wird aber natürlich gerne gesehen.
Tipp: Viele Studiengänge im sozialen Bereich lassen sich heute auch berufsbegleitend realisieren.
Ausgangssituation 3: „Ich wünsche mir mehr Freiheit in meiner pädagogischen Arbeit.“
Wenn du gerne mit Kleinkindern arbeitest und gleichzeitig dein eigener Chef sein möchtest, dann kannst du dich als Erzieher*in ohne zusätzliche Qualifizierungsmaßnahme als Tagesmutter/Tagesvater selbstständig machen und bis zu fünf Kinder betreuen. Voraussetzung ist, dass du über geeignete Räumlichkeiten verfügst.
Tipp: Wenn du auf Kollegen nicht verzichten möchtest und möglicherweise selbst keine passenden Räume bewohnst, um als Tagesmutter bzw. Tagesvater zu arbeiten, kannst du dich auch mit anderen Tagespflegepersonen zusammentun und eine Großtagespflege betreiben. Dann dürfen auch mehr als fünf Kinder unter drei Jahren betreut werden. Infos dazu gibt es hier:
https://www.bvktp.de/themen/grosstagespflege/
Ausgangssituation 4: „Ich bin mit den Rahmenbedingungen an meinem Arbeitsplatz nicht zufrieden.“
Zu viele starre Regeln, autoritäre und festgefahrene Strukturen, wenig Mitspracherecht: Gerade wenn eine Einrichtung schon lange von der gleichen Leitung geführt wird haben es junge Mitarbeiter*innen mit neuen Ideen und anderen pädagogischen Ansätzen nicht immer leicht.
Die Lösung dieses Problemes kann es erforderlich machen den Job zu wechseln und bewusst darauf zu achten, dass das pädagogische Konzept der neuen Einrichtung besser zu dir passt. Weil Papier geduldig ist solltest du dich aber nicht darauf beschränken Konzeptionen zu studieren und miteinander zu vergleichen: Hospitiere in unterschiedlichen Kitas und achte darauf, ob Partizipation, Transparenz und Wertschätzung im Alltag auch wirklich gelebt werden.
Tipp: Wenn eine Einrichtung im Hinblick auf das Personal eine relativ niedrige Fluktuationsrate hat ist das meist schon ein gutes Zeichen.
Ausgangssituation 5: „Ich fühle mich häufig überfordert und fachlich nicht ausreichend geschult.“
Fast alle pädagogischen Fachkräfte kommen im Alltag irgendwann an ihre Grenzen. Häufig sind es aggressive Kinder oder solche aus schwierigen sozialen Verhältnissen die dich spüren lassen, dass du fachlich nicht ausreichend geschult bist um mit heiklen Situationen umzugehen. Auch Konflikte mit Eltern oder im Team können dazu beitragen, dass sich pädagogische Fachkräfte überfordert fühlen und, wenn dieser Zustand länger andauert, den Spaß an der Arbeit verlieren.
Auch hier helfen dir gezielte Fortbildungen- du musst schließlich auch an dich und deine Gesundheit denken!
Tipp: In den meisten Bundesländern haben Arbeitnehmer einen gesetzlich geregelten Anspruch auf fünf Tage Bildungsurlaub pro Jahr.
Infos dazu gibt es hier:
https://www.fortbildung.net/ratgeber/weiterbildungsfoerderung/bildungsurlaub#infos
Ausgangssituation 6: „Ich möchte mit Kindern arbeiten aber auch privat etwas erleben“
Ferne Länder sehen, neue Leute kennenlernen und nebenbei noch Geld verdienen: Das kannst du als Animateur*in für Kinder und Jugendliche in Hotels oder auf Kreuzfahrtschiffen. Voraussetzung ist, dass du gerne reist, kommunikativ und extrovertiert bist. Auch Flexibilität sind gefragt sowie die Bereitschaft, dich ständig auf neue Menschen einzustellen.
Hier findest du Jobs als Kinderbetreuer*in in Hotels und auf Kreuzfahrtschiffen:
https://www.hotelcareer.de/jobs/kinder-jugendbetreuung
Tipp: Wenn du gerne im Ausland arbeiten möchtest, dir aber Familienanschluss wünschst, kommt für dich eventuell eine Stelle als Au Pair Professional infrage.
Wie kann ich mich als Erzieher*in selbstständig machen? Voraussetzungen und Hintergründe
Eine berufliche Alternative für Erzieherinnen und Erzieher, die häufig gar nicht erwähnt wird, ist die Selbstständigkeit. Gerade im sozialen Bereich ist es wichtig sich regelmäßig weiterzubilden und Coaching-Angebote wahrzunehmen. Wer mit Menschen arbeitet kommt häufig an seine Grenzen – gerade wenn die Arbeitsbedingungen durch Personalmangel und immer höhere Ansprüche von allen Seiten nicht immer optimal sind.
Trainer, Coaches, Mentoren und Supervisoren sind daher gefragt wie nie. Wenn du selbstbewusst und kommunikativ bist, dich gut reflektieren kannst, schon ein wenig Berufserfahrung mitbringst und viel Empathie hast, kommt für dich daher vielleicht eine Selbstständigkeit im sozialen Bereich infrage – vielleicht zunächst erst einmal nebenberuflich. Dazu musst du dich selbst natürlich erst einmal weiterbilden. Häufig ist das auch in großen Teilen online möglich. Überlege dir in jedem Fall zunächst, wie dein Portfolio aussehen soll: Möchtest du lieber dein Fachwissen weitergeben und Fortbildungen anbieten oder willst du Teams dabei helfen Konflikte und Probleme zu lösen?
Je nachdem wie deine Antwort ausfällt kannst du gegen ein Honorar Fortbildungen bei Bildungsträgern (z.B. VHS, Rotes Kreuz, ASB, Malteser usw.) anbieten, In-House-Schulungen durchführen oder ein Online-Angebot für Träger, sozialpädagogische Einrichtungen oder Einzelpersonen entwickeln.
Informationen zu Zuschüssen von Fort- und Weiterbildungen für alle Bundesländer findest du hier:
https://www.weiterbildung-ratgeber.de/foerderprogramme-der-bundeslaender/
Checkliste: Sollte ich mich als Erzieher*in beruflich verändern?
Die Arbeit als Erzieher*in ist physisch wie psychisch herausfordernd: Pädagogische Fachkräfte sitzen den ganzen Tag auf kleinen Stühlen oder kommen erst gar nicht dazu, sich mal hinzusetzen. Sie müssen sich mit teilweise aggressiven Kindern und Jugendlichen auseinandersetzen, aufgebrachte Eltern beruhigen und sind täglich konstanter Lärmbelastung ausgesetzt. Und dann ist da ja noch der andauernde Personalmangel, der pädagogische Fachkräften alles abverlangt.
Unter diesen Umständen erscheint es zwar traurig, aber nicht unrealistisch, dass eine heute 25 Jahre alte Erzieherin ein mehr als 35 prozentiges Riskio eingeht nicht bis zum Renteneintritt ihren Beruf ausüben zu können. 21 Prozent der Erzieher*innen können überhaupt nicht mehr arbeiten. [1]
Das hört sich sehr dramatisch an, es gibt aber selbstverständlich viele präventive und akute Maßnahmen die du ergreifen kannst, damit dir dein Beruf weiterhin Spaß macht und du körperlich und geistig gesund bleibst.
Manchmal hilft ja auch schon ein Träger- oder Einrichtungswechsel, eine Reduzierung der Arbeitszeit oder eine Fort- bzw. Weiterbildung um wieder motiviert bei der Sache zu sein.
Wir haben für dich eine Checkliste erstellt anhand derer du herausfinden kannst ob du dich als Erzieher*in beruflich verändern solltest:
- Ich fühle mich nach der Arbeit nahezu immer müde und gestresst.
- Ich kann meine Ideen im Team nicht einbringen.
- Meine Arbeit wird nicht wertgeschätzt.
- Ich mache nur noch Dienst nach Vorschrift, obwohl ich eigentlich gerne mit Kindern arbeite.
- Meine Arbeitszeiten sind zu unflexibel.
- Ich fühle mich in vielen Situationen überfordert und übermäßig psychisch belastet.
- Ich möchte mehr Freiheiten haben und selbst bestimmen.
- Ich möchte mein Wissen weitergeben und andere beraten.
- Ich stelle immer häufiger fest, dass das pädagogische Konzept nach dem ich aktuell arbeite nicht zu mir passt.
- Ich möchte lieber mit einer anderen Altersgruppe arbeiten.
- Ich möchte mich einzelnen Kindern mit besonderen Bedürfnissen intensiver widmen können.
- Ich möchte mehr Verantwortung tragen und pädagogische wie administrative Arbeit aktiv mitgestalten.
- Mir fehlt es in vielen Situationen und Bereichen an Fachwissen/Fachkompetenz.
Wenn drei oder mehr Punkte auf dich zutreffen solltest du unbedingt etwas verändern. Denke daran, dass Erzieher*innen aufgrund des massiven Fachkräftemangels gesucht sind wie nie – und zwar in allen Bereichen von der Krippe bis zur Wohngruppe. Also: Trau dich und nutze deine Chance!