
Die professionelle Fallbesprechung in der Kita ist ein zentrales Instrument zur Qualitätssicherung, zum Schutz der Kinder sowie zur Weiterentwicklung der pädagogischen Arbeit. Sie bietet einen strukturierten Rahmen, um konkrete pädagogische Situationen im Team zu analysieren, gemeinsam zu reflektieren und daraus fundierte Handlungsempfehlungen abzuleiten. Erfahren alles zur Fallbesprechung in der Kita: Ablauf, Methoden, Vorlagen & Muster für deine Praxis. In diesem Text erfährst du Beispiele & hilfreiche Tipps
Was ist eine Fallbesprechung in der Kita?
Eine Fallbesprechung ermöglicht es, pädagogisches Handeln gezielt zu verbessern, individuelle Förder- und Unterstützungsmaßnahmen für Kinder zu entwickeln und gleichzeitig den fachlichen Austausch im Team zu stärken.
Ziele und Nutzen der Fallbesprechung
Eine professionelle Fallbesprechung in der Kita dient dazu:
- bestehende pädagogische Fragen im Hinblick auf das Verhalten eines Kindes zu klären
- das Verhalten und die Entwicklung des Kindes besser zu verstehen
- systemische Zusammenhänge zu erkennen
- geeignete Förder- und Unterstützungsmaßnahmen zu entwickeln
- Orientierung im pädagogischen Handeln zu gewinnen
- konkrete Handlungsoptionen zu erarbeiten
- ein gemeinsames fachliches Verständnis im Team aufzubauen
- vorhandene Unterstützungsmöglichkeiten gezielt zu nutzen
Ablauf: Schritt-für-Schritt“
Vorbereitung:
- Auswahl des konkreten Falles bzw. der Situation
- Zusammenstellung der relevanten Informationen (Beobachtungen, Gesprächsnotizen, etc.)
Einführung:
- Begrüßung und Vorstellung des Falles
- Festlegung der Ziele und des Rahmens der Besprechung
Fallvorstellung:
- Detaillierte Schilderung des Falles
- Klärung von Fragen zu Fakten oder Hintergründen
Analyse:
- Gemeinsame Analyse des Falles
- Anwendung von Fachwissen und Methoden, z.B. systemische oder kollegiale Ansätze
Diskussion:
- Offener Austausch von Sichtweisen, Erfahrungen und Ideen
- Einbeziehung verschiedener Methoden (z.B. kollegiale oder systemische Fallbesprechung)
Handlungsempfehlungen und Zieldefinition:
- Ableitung konkreter Maßnahmen
- Festlegung von Verantwortlichkeiten und nächsten Schritten
Abschluss:
- Zusammenfassung der besprochenen Punkte
- Feedbackrunde und ggf. Terminabsprache für eine erneute Besprechung
Methoden Fallbesprechung Kita
Für eine Fallbesprechung gibt es verschiedene Methoden. Zwei davon werden im Folgenden vorgestellt.
1. Kollegiale Fallbesprechung (7-Schritte-Modell)
Die kollegiale Fallbesprechung ist eine klar strukturierte Methode, bei der ein Fall aus der pädagogischen Praxis gemeinsam im Team reflektiert wird. Ziel ist es, die Fallgebende Person zu unterstützen, neue Perspektiven zu gewinnen und konkrete Handlungsideen zu entwickeln – ohne vorschnelle Bewertungen.
Der Ablauf erfolgt in sieben Schritten:
- Fallvorstellung ohne Unterbrechung
Die fallgebende Person schildert die Situation ausführlich und frei. Alle anderen Teammitglieder hören aktiv zu, stellen jedoch während dieser Phase keine Fragen oder Kommentare. So bekommt die Person Raum, ihre Sichtweise ungestört darzulegen.
- Verständnisfragen
Im Anschluss dürfen die KollegInnen gezielte Rückfragen stellen – jedoch ausschließlich zur Klärung von Sachverhalten oder Unklarheiten. Wertungen oder Lösungsvorschläge sind in diesem Schritt noch nicht erwünscht.
- Spiegelung durch das Team
Jetzt äußern die Teammitglieder, was sie wahrgenommen haben: Welche Gedanken, Gefühle oder Hypothesen sind ihnen gekommen? Wie wirkt die Situation aus ihrer Perspektive? Diese Rückmeldungen helfen, neue Sichtweisen zu öffnen.
- Klärung der Fokusfrage
Gemeinsam mit dem Team formuliert die fallgebende Person eine zentrale Frage, auf die sich die weitere Beratung konzentrieren soll – z. B.: „Wie können wir das Kind besser im Gruppenalltag begleiten?“ oder „Wie kann ich im Elterngespräch sicher auftreten?“
- Ideensammlung durch KollegInnen
Das Team sammelt nun lösungsorientiert Vorschläge, Impulse oder Erfahrungen – möglichst kreativ und ohne Einschränkungen. Wichtig: Die Fallgebende hört zu, unterbricht nicht und nimmt die Ideen einfach entgegen.
- Rückmeldung durch die Fallgebende Person
Nun darf die fallgebende Person sich äußern: Welche Anregungen waren hilfreich? Was könnte sie sich vorstellen umzusetzen? Was war besonders wertvoll?
- Reflexion & Abschluss
Zum Abschluss reflektiert das Team gemeinsam den Ablauf: Was hat gut funktioniert? Was nehmen wir als Team aus der Fallbesprechung mit? Eventuell wird ein Folgetermin vereinbart, um die Entwicklungen zu besprechen.
2. Systemische Fallbesprechung (Fragetechniken)
Der systemische Ansatz legt den Fokus auf Zusammenhänge, vorhandene Ressourcen und die Möglichkeit, die Perspektive zu wechseln. Kinder, Familien und Fachkräfte bewegen sich in verschiedenen sozialen Systemen – beispielsweise in der Familie, in der Kita-Gruppe oder im Sportverein. Veränderungen in einem dieser Systeme wirken sich oft auch auf die anderen aus.
Ein System kann man sich wie ein Mobile vorstellen: Es besteht aus einzelnen Elementen, die miteinander in Verbindung stehen und sich gegenseitig beeinflussen. Wird ein neues Element hinzugefügt – zum Beispiel ein neues Kind in der Gruppe oder ein Geschwisterkind in der Familie – verändert sich das Gleichgewicht des gesamten Systems. Diese Veränderung betrifft nicht nur das Kind selbst, sondern auch die Beziehungen innerhalb der Gruppe oder der Familie.
Bei der systemischen Fallbesprechung liegt der Fokus auf einem lösungsorientierten Blick. Durch gezielte Fragen wie „Was läuft bereits gut?“ oder „Was würde sich verändern, wenn dieses Verhalten nicht mehr auftritt?“ regen wir zum Nachdenken an und fördern positive Entwicklungsprozesse. So können neue Sichtweisen entstehen, die helfen, Kinder in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung zu unterstützen – über eine reine Problemfokussierung hinaus.
Beispiel einer Fallbesprechung Kita (Beispiel)
„Lukas“, 4 Jahre, äußert regelmäßig Wutanfälle in Gruppensituationen.
- Beobachtungen: Wutreaktionen bei Gruppenspielen, besonders bei Verlustsituationen.
- Hypothesen: Mögliche Frustrationstoleranz niedrig, evtl. familiäre Dynamik.
- Maßnahmen: Verstärkte emotionale Begleitung, gezielte Spiele zur Frustrationstoleranz.
- Evaluation: Reflexion nach 4 Wochen
Vorlage für die Fallbesprechung
Hier kannst du dir unsere kostenlose Vorlage für die Fallbesprechung herunterladen.

Gut zu Wissen:
Für eine professionelle Fallbesprechung in der Kita ist es sinnvoll, folgende Rahmenbedingungen zu beachten:
- Eine erfahrene Fachkraft sollte den Besprechungsprozess leiten bzw. moderieren. Sie sorgt für einen strukturierten Ablauf und schafft einen sicheren, wertschätzenden Raum für alle Beteiligten.
- Alle relevanten Informationen sollten sorgfältig dokumentiert werden. Dazu gehören unter anderem Protokolle, formulierte Ziele und vereinbarte Maßnahmen. Es ist hilfreich, vorab eine verantwortliche Person für die Dokumentation festzulegen.
- Die Verwendung eines Fallbesprechungsformulars bietet Orientierung während der Besprechung. Es hilft dabei, nichts zu vergessen und einem klaren roten Faden zu folgen.
- Nachbereitung: Im Anschluss an die Fallbesprechung sollte eine gezielte Nachbereitung erfolgen. Dazu gehört auch die Vereinbarung eines Follow-up-Termins, um die Umsetzung und den Erfolg der besprochenen Maßnahmen zu reflektieren und bei Bedarf anzupassen.
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