Heilpädagogik im Kindergarten

 

Vielfalt, Teilhabe, Inklusion- das sind wichtige Schlagwörter aktueller bildungspolitischer Debatten in deren Kontext der Heilpädagogik in der Kita eine immer wichtigere Rolle zukommt. Was aber genau ist eigentlich mit „Heilpädagogik“ gemeint? Welche Rolle übernehmen heilpädagogische Fachkräfte in der Kita und wie wird man überhaupt Heilpädagog*in?

 

Heilpädagogik – eine pädagogisch-therapeutische Mischdisziplin?

 

Den Begriff „Heilpädagogik“ zu definieren ist gar nicht so einfach. Das liegt zum einen daran, Heilpädagog*innen immer interdisziplinär handeln, gleichzeitig aber auch immer selbst Teil eines interdisziplinären Teams sind. Im historischen Kontext war der Begriff zunächst mehr medizinisch geprägt, es ging darum Auffälligkeiten zu minimieren bzw. im Idealfall zu „heilen“. Da Behinderungen sich aber in der Regel nicht im medizinischen Sinne heilen lassen greift dieser Ansatz zu kurz. Heute verfolgen Heilpädagog*innen einen ganzheitlichen therapeutisch-pädagogischen Ansatz. Sie arbeiten immer interdisziplinär, stehen also in engem Austausch mit Eltern, Ärzten, anderen pädagogischen Fachkräften, Therapeuten und anderen Kooperationspartnern. Im Mittelpunkt steht immer das jeweilige Kind mit seinen individuellen Kompetenzen, Wünschen und Bedürfnissen. Heilpädagogische Fachkräfte unterstützen gezielt Kinder in ihrer Entwicklung, die Auffälligkeiten in den einzelnen Bildungsbereichen zeigen, zum Beispiel
 

  • Wahrnehmung 
  • Selbst- und Sozialkompetenz 
  • Grob- und/oder Feinmotorik 
  • Sprache
  • Kognition usw.


Kinder mit (drohender) haben laut UN-Behindertenrechtskonvention das Recht auf eine wohnortnahe inklusive Förderung und einen barrierefreien Zugang zum Bildungssystem. Kitas sind also angehalten auch Kinder mit Handicap aufzunehmen, heilpädagogische Einrichtungen, die ausschließlich Kinder mit Einschränkungen betreuen findet man immer seltener: Inklusion bedeutet schließlich, dass Kinder mit und ohne Behinderung ganz selbstverständlich miteinander aufwachsen, spielen und lernen. 
Da Auffälligkeiten in der frühkindlichen Entwicklung aber zunehmen bzw. pädagogische Fachkräfte, Therapeuten und Mediziner heute stärker dafür sensibilisiert sind diese frühzeitig zu erkennen kommt der Heilpädagogik in Kitas eine immer größere Bedeutung zu.

 

Wie wird Heilpädagogik in der Kita eingesetzt?

 

Wie Heilpädagog*innen in Kitas tätig sind ist sehr unterschiedlich geregelt. Sie können als reguläre pädagogische Fachkraft in der jeweiligen Einrichtung fest angestellt sein oder in einer Frühförderstelle arbeiten und mehrere Kitas stundenweise aufsuchen um dort Kindern mit Förderbedarf spezielle pädagogisch-therapeutische Angebote zu machen. Heilpädagogische Förderung erfolgt einzeln oder in Kleingruppen-Settings, heilpädagogische Fachkräfte haben also in der Regel nicht die Gesamtgruppe im Blick, sondern konzentrieren sich auf die Förderung einzelner Kinder, die eine Behinderung haben, eine Entwicklungsverzögerung zeigen oder aus anderen Gründen eine individuelle, ressourcenorientierte Förderung benötigen. Ziel heilpädagogischen Handelns ist, dass das Kind teilhaben kann am Kita-Alltag, Selbstwirksamkeit erfährt und sich bestmöglich entwickelt. Heilpädagog*innen denken und handeln immer ganzheitlich und interdisziplinär, sie tauschen sich also oft mit Ärzten und Therapeuten, Inklusionskräften, Eltern und pädagogischen Fachkräften aus und erarbeiten gemeinsam mit ihnen Förder- und Teilhabeziele. 
Je nach Bundesland ist der Einsatz von Heilpädagog*innen in Kitas unterschiedlich geregelt – teilweise müssen in inklusiven Kitas zwingend heilpädagogische Fachkräfte fest angestellt sein, teilweise reicht es, wenn eine Kooperation mit Frühförderstellen existiert und eine stundenweise therapeutische Betreuung und Begleitung somit gewährleistet ist.

Gut zu wissen: Heilpädagogische Fachkräfte arbeiten häufig mit Kindern zwischen 0 und 6 Jahren, da ab dem Schulalter in der Regel eine Förderung durch Sonderpädagogen im schulischen Kontext stattfindet. Heilpädagog*innen werden jedoch auch in Wohnprojekten für Menschen mit Behinderung eingesetzt oder in der Therapie für Demenz-Kranke gebraucht.

 

Welche Aufgaben übernehmen heilpädagogische Fachkräfte in der Kita?

 

Welche Aufgaben Heilpädagog*innen in Kindertageseinrichtungen übernehmen hängt natürlich von ihrer Position ab. 
Sind sie im Gruppendienst tätig übernehmen sie vor allem Verantwortung für

 

  • die Beobachtung der Kinder, die eine Behinderung haben, von einer Behinderung bedroht sind und/oder deren Verhalten auf eine nicht altersgerechte Entwicklung schließen lässt
  • die Beratung anderer pädagogischer Fachkräfte bezüglich des weiteren Vorgehens, der Raumgestaltung, der pädagogischen Struktur, Anschaffung von Fördermaterial usw.
  • die Diagnostik in Zusammenarbeit mit externen Fachkräften (SPZ, Kinderärzte, Logopäd*innen, Ergotherpeut*innen, Physiotherapeut*innen, psychologischen Experten usw.)
  • die Beratung und den Austausch mit Eltern
  • die Erstellung von Förder- und Teilhabeplänen, 
  • die Kooperation mit Leistungsträgern
  • die Beantragung von Heilmitteln, um Partizipation und Teilhabe in der Kita zu ermöglichen (Gehhilfen, Hilfen zur Kommunikation usw.)
  • die Durchführung heilpädagogischer Maßnahmen durch gezielte Einzel- oder Kleingruppenförderung

 

Heilpädagogische Fachkräfte, die beispielsweise bei einer Frühförderstelle angestellt sind und die Kita stundenweise aufsuchen haben ähnliche Aufgaben, können aber weniger den Kita-Alltag mitgestalten und sind seltener präsent für Kinder, Kolleg*innen und Eltern.

 

Was verdienen heilpädagogische Fachkräfte in der Kita?
 

Der mögliche Verdienst von Heilpädagog*innen in der Kita hängt von vielen Faktoren ab. Grundsätzlich sollten sie mindestens (in Anlehnung an) TvöD S8b bezahlt werden. Kita-Leitungen mit heilpädagogischer Zusatzqualifikation werden aber deutlich höher eingruppiert. 
Eine Rolle kann auch spielen, ob heilpädagogische Fachkräfte eine akademische Ausbildung absolviert haben oder nicht, wie viel Berufserfahrung sie mitbringen usw.

  

Wer kann als Heilpädagog*in in der Kita arbeiten?

 

Es gibt mehrere Möglichkeiten die Qualifikation für Heilpädagogik zu erlangen. Wer eine Erzieherausbildung (oder eine vergleichbare Ausbildung, zum Beispiel Heilerziehungspflege) absolviert hat sowie Berufserfahrung mitbringt kann sich durch eine Zusatzausbildung im Bereich Heilpädagogik weiter qualifizieren. Die Ausbildung dauert in Vollzeit in der Regel 1,5 Jahre, in Teilzeit und berufsbegleitend 3 Jahre. Im Anschluss an die Ausbildung erhalten Absolvent*innen die Berufsbezeichnung „staatlich anerkannte Heilpädagogin/staatlich anerkannter Heilpädagoge“.
Alternativ ist es auch möglich das Fach Heilpädagogik zu studieren und mit einem Bachelor abzuschließen. Das ist an immer mehr Universitäten und Fachhochschulen möglich. Besonders attraktiv für Berufstätige kann auch ein Heilpädagogik-Studium an einer Fernunjversität sein – einige private Hochschulen bieten inzwischen komplette Online-Studiengänge in Voll- oder Teilzeit an. Das Studium dauert je nach Anbieter, individueller Qualifikation und Modell zwei bis vier Jahre. Da auch Student*innen der Heilpädagogik Praxisphasen durchlaufen müssen erhalten sie mit ihrem Studienabschluss ebenfalls die staatliche Anerkennung. 
Gerade mit einem akademischen Abschluss in der Tasche haben heilpädagogische Fachkräfte sehr gute Chancen sich beruflich weiterzuentwickeln und auch Führungspositionen anzustreben, beispielsweise als

 

  • Leitung einer inklusiven oder heilpädagogischen Kita
  • Leitung von Frühförderstellen 
  • Therapeut*in in Autismuszentren, Kliniken 
  • Fachberatung für Kitas
  • Therapeut*in heilpädagogischen Praxen
  • Berater*in bei Trägern, die sich für Inklusion und Teilhabe einsetzen  
  • Fachkraft bei Trägern, die heilpädagogische Leistungen erbringen wie zum Beispiel heilpädagogische Familienhilfe oder begleitete Elternschaft

 

Tipp: Wer als Erzieher*in tätig ist, sich weiter qualifizieren möchte, aber grundsätzlich gerne mit Kindern arbeitet macht mit einer heilpädagogischen Ausbildung nichts falsch. Gerade im Hinblick auf die Belastungen, die die Arbeit mit einer großen Kindergruppe mit sich bringt, ist die Aussicht auf eine andere Schwerpunktsetzung in der pädagogischen Arbeit für viele attraktiv.
Weitere berufliche Alternativen für ausgebildete pädagogische Fachkräfte findest du hier:


 Bild: shutterstock_2447258181

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