
In vielen deutschen Großstädten zeigt sich ein paradoxes Bild: Gerade in jenen Stadtteilen, in denen der Bedarf an frühkindlicher Bildung besonders hoch ist, fehlen häufig ausreichend Kita-Plätze. Das ist das zentrale Ergebnis einer aktuellen Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die auf Daten aus über 2.600 Stadtvierteln in 52 deutschen Städten basiert.
Die Forscherinnen und Forscher stellen fest, dass der Zugang zu Kita-Plätzen in ärmeren Quartieren deutlich schlechter ist als in wohlhabenderen Gegenden. Aus Sicht des IW ist das problematisch, weil dadurch bestehende soziale Unterschiede nicht nur bestehen bleiben, sondern sich langfristig sogar verfestigen könnten. Besonders für Kinder aus einkommensschwachen Familien ist frühkindliche Förderung entscheidend – fehlt der Zugang, verringern sich ihre Bildungschancen schon zu Beginn des Lebenswegs.
Trotz Ausbau bleiben viele Kinder ohne Platz
Zwar habe der gesetzlich verankerte Anspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem zweiten Lebensjahr zu einem umfassenden Ausbau der Kita-Infrastruktur geführt, heißt es in der Analyse. Dennoch bleibt die Nachfrage vielerorts höher als das Angebot: Nach IW-Schätzungen konnten zuletzt rund 300.000 Kinder nicht untergebracht werden – ein deutliches Zeichen für eine bestehende Versorgungslücke.
Kitas siedeln sich eher in gut situierten Vierteln an
Ein zentraler Grund für diese Schieflage: Einrichtungen freier Träger – etwa konfessionelle oder gemeinnützige Organisationen – sind demnach deutlich häufiger in wirtschaftlich starken Stadtvierteln vertreten. Besonders dort, wo Eltern über mehr finanzielle Mittel verfügen, wurde das Angebot in den letzten Jahren deutlich ausgeweitet. Soziale Benachteiligung wiederum wird durch den geringeren Ausbau im eigenen Umfeld weiter verstärkt.
Deutliche Unterschiede zwischen den Stadtteilen
Laut Studie liegt die Kita-Versorgungsquote in den einkommensstärksten Stadtteilen im Schnitt 16 Prozent über dem städtischen Durchschnitt. In besonders belasteten Vierteln dagegen ist das Angebot rund 5 Prozent geringer. In Extremfällen ist die Versorgung in privilegierten Gegenden bis zu viermal besser als in sozial schwachen.
Ein Städtevergleich zeigt zudem deutliche regionale Unterschiede: In Heidelberg kommen auf eine erreichbare Kita durchschnittlich 61 Kinder – das ist der beste Wert im Ranking. Am unteren Ende der Liste stehen Städte wie Krefeld und Gelsenkirchen, wo jeweils 166 Kinder auf einen Kita-Platz entfallen.
Regionale Unterschiede im Umgang mit dem Problem
Während einige westdeutsche Kommunen durch den Ausbau kommunaler Kitas gegensteuern, ist in ostdeutschen Städten ein entgegengesetzter Trend zu beobachten: Dort wächst das Angebot vor allem in den wohlhabenderen Stadtteilen. Damit droht die soziale Ungleichheit im Bereich frühkindlicher Bildung weiter zuzunehmen.
Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/kitaversorgung-aermere-viertel-100.html