News NRW plant Lockerungen bei Personalvorgaben

 

Um kurzfristige Schließungen von Kitas aufgrund von Personalengpässen zu vermeiden, plant NRW-Familienministerin Josefine Paul Änderungen in der Personalverordnung. Diese sollen es ermöglichen, dass auch Personen ohne klassischen Erzieherabschluss, wie beispielsweise Musiker oder Handwerker, das Kita-Team verstärken können. Ebenso sollen Studierende, Menschen mit ausländischen Abschlüssen oder jene, die noch Deutsch lernen, leichter eingestellt werden können. Auch Fachkräfte aus dem Ausland, die kurz vor ihrem Abschluss stehen, könnten künftig in Kitas arbeiten.

 

Ergänzungskräfte für Notfälle

Insbesondere während Krankheitswellen oder bei extremen Wetterlagen sollen übergangsweise Ergänzungskräfte einspringen können, wenn sozialpädagogisch ausgebildetes Personal nicht ausreicht. Solche Ergänzungskräfte können unter anderem Kinderpfleger, Sozialassistenten oder Heilerziehungshelfer sein. Familienministerin Paul betont: „Gerade in den Wintermonaten mit hohen Ausfallraten im Personal ist dies eine dringend notwendige Maßnahme.“ Die geplanten Änderungen seien in enger Abstimmung mit Kommunen und Trägern entwickelt worden.

 

Kritik von Gewerkschaften

Die geplante Änderung stößt jedoch bei den in ver.di organisierten Kita-Beschäftigten auf scharfe Kritik. Besonders die Möglichkeit, dass in Ausnahmefällen nur noch eine sozialpädagogische Fachkraft für bis zu 60 Kinder zuständig sein könnte, sorgt für Besorgnis. Andrea Becker, Landesfachbereichsleiterin von ver.di, warnt vor den Auswirkungen: „Mit dieser Maßnahme wird nicht nur die Belastungsgrenze des ohnehin chronisch überlasteten Kita-Personals weiter überschritten, sondern auch das Wohl der Kinder aufs Spiel gesetzt. Es ist das Eingeständnis, dass im Zweifel das Motto ‚Hauptsache aufbewahrt‘ und nicht die kindgerechte Erziehung und Bildung gilt.“

Becker kritisiert zudem, dass der verstärkte Einsatz von Ergänzungskräften zwar pragmatisch wirke, jedoch keine nachhaltige Lösung für den Fachkräftemangel darstelle. Qualifizierte Betreuung und frühkindliche Bildung erforderten fundiertes Fachwissen, das nur durch eine umfassende Ausbildung vermittelt werden könne. Gleichzeitig werde die wertvolle Arbeit der Ergänzungskräfte über Gebühr belastet. Die Gewerkschaft betont, dass eine ausreichende Personalausstattung essenziell sei, da wissenschaftliche Studien zeigen, wie wichtig eine qualitativ hochwertige Betreuung für die kindliche Entwicklung in den ersten Lebensjahren ist. Eine einzelne Fachkraft könne unmöglich die Bedürfnisse von bis zu 60 Kindern individuell betreuen – insbesondere in Konfliktsituationen, Notfällen oder bei der Unterstützung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen.

 

Debatte um Fachkräftemangel

Die geplanten Lockerungen lösen auch in der Politik kontroverse Diskussionen aus. In Kitas mit bis zu 60 Kindern soll künftig nur noch eine Fachkraft erforderlich sein. Für jede weitere Gruppe von 60 Kindern wäre eine zusätzliche Fachkraft nötig. Marcel Hafke, familienpolitischer Sprecher der FDP, sieht die Flexibilisierung als eine notwendige kurzfristige Maßnahme, um den gravierenden Fachkräftemangel zu bewältigen. Er warnt jedoch, dass Einzelmaßnahmen nicht ausreichen werden, um das Problem langfristig zu lösen.

Kritik kommt hingegen von der SPD: Dennis Maelzer, familienpolitischer Sprecher, hinterfragt den Ansatz: „Ist das noch frühkindliche Bildung, oder nur noch Betreuung?“ Er bezeichnet die Maßnahmen als “Affront” gegen Familien und pädagogische Fachkräfte und wirft der Landesregierung vor, die Qualität der Kita-Betreuung zu gefährden.

 

Reaktionen aus den Kitas

Die Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege, die den Großteil der Kitas in NRW vertritt, zeigt sich verständnisvoll: „Natürlich wären solche Regelungen nicht nötig, wenn ausreichend Fachkräfte verfügbar wären“, erklärt Vorstandsmitglied Stephan Jentgens. Dennoch bleibe die Sicherung einer qualitativ hochwertigen Betreuung oberstes Ziel, und die Maßnahmen könnten dabei helfen, die Verlässlichkeit in der Kinderbetreuung aufrechtzuerhalten.

Quellen:
https://nrw.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++ce817004-a8ba-11ef-831a-1b20a3ca170e
https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/kitas-schliessungen-erzieherinnen-102.html

 

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