Inhalt
- Was ist tiergestützte Arbeit?
- Definition tiergestützte Therapie
- Definition tiergestützte Pädagogik
- Warum tiergestützte Pädagogik im Kindergarten ?
- Tiergestützte Fördermaßnahmen
- Tiergestützte Aktivitäten
- Was ist der Unterschied zwischen Tiergestützter Pädagogik und Tiergestützter Therapie?
- Wie wird man tiergestützter Pädagoge ?
- Welche Tiere eignen sich für die tiergestützte Pädagogik ?
- Allgemeine Voraussetzungen für den Tiereinsatz innerhalb der Einrichtung
- Gesetzliche und rechtliche Voraussetzungen für einen Tiereinsatz innerhalb der Einrichtung
Text: Sandra Leitl
Tiergestützte Pädagogik- Die Arbeit mit Tieren in Kitas
Warum wird tiergestützte Pädagogik in Kindergärten eingesetzt? Wer kann als tiergestützter Pädagoge arbeiten? Und welche Wirkungen haben Tiere auf Kinder? Auf all diese Fragen wird in diesem Artikel näher eingegangen.
Was ist tiergestützte Arbeit?
Für die Arbeit mit einem Tier wird der allgemeine Begriff der tiergestützten Intervention als Oberbegriff für alle Formen tiergestützter Tätigkeiten verwendet. Darunter zählen
- Tiergestützte Therapie
- Tiergestützte Pädagogik
- Tiergestützte Fördermaßnahmen
- Tiergestützte Aktivitäten (vgl. ATN).
Tiergestützte Therapie, tiergestützte Pädagogik, tiergestützte Fördermaßnahmen und tiergestützte Aktivitäten sind somit Unterpunkte, die alle unter dem Begriff tiergestützte Intervention oder tiergestützte Arbeit zählen.
Definition tiergestützte Therapie
Tiergestützte Therapie umfasst bewusst geplante pädagogische, psychologische und sozialintegrative Angebote mit Tieren. Sie beinhaltet auch gesundheitsfördernde, präventive und rehabilitative Maßnahmen (vgl. ESAT). Die tiergestützte Therapie ist kein eigenständiges Therapieverfahren, sondern das Tier unterstützt den Therapeuten bei der täglichen Arbeit. Der Begriff der Therapie ist rechtlich allerdings nicht geschützt und daher kein Hinweis auf ein erfolgreich abgeschlossenes Studium oder auch nur irgendeine fachliche Kompetenz.
Definition tiergestützte Pädagogik
Unter tiergestützter Pädagogik werden Maßnahmen verstanden, die auf Basis eines Förderplans erfolgen um vorhandene Ressourcen zu stärken und zu fördern (vgl. ATN, 2021). Speziell ausgebildeten Pädagogen führen diese Einheiten mit Hilfe eines Tieres, das als Brückenfunktion dient durch. Tiergestützte Pädagogik wird vor allem bei:
- Lernstörungen
- Konzentrationsschwächen
- Aufmerksamkeitsdefiziten
- Motivationseinbußen
- Problemen im Ruheverhalten eingesetzt.
Warum tiergestützte Pädagogik im Kindergarten ?
Egal ob Hund, Katze, Pferd oder Kaninchen - Tiere haben eine besondere Wirkung auf uns Menschen und vor allem auf Kinder. Sie sind eine Bereicherung und Impulsgeber für vielfältige Lernprozesse. Studien bestätigen, dass Tiere einen großen Einfluss auf das Wohlergehen, die Gesundheit und die Entwicklung des Menschen haben. Die Einbindung von Tieren in das pädagogische Geschehen leistet einen wesentlichen Beitrag zur Entfaltung der Gesamtpersönlichkeit der Kinder.
Gründe für den Einsatz der tiergestützten Pädagogik im Kindergarten:
- Vielfältiges Einsatzspektrum z. B. Besuchs eines Therapiebegleithundes, regelmäßiger Besuch eines Erlebnisbauernhofes, stundenweise Einzelmaßnahmen
- Für jede Altersgruppe geeignet
- Förderung von emotionale Kompetenzen wie Entwicklung von Achtsamkeit, Mitgefühl und Respekt durch angemessenes Verhalten gegenüber des Tieres
- Förderung der Sprachkompetenz, da Kinder zum Sprechen animiert werden, wenn sie von den Tiererlebnissen erzählen
- Förderung der Motorik z. B. Motorische Bewegung, Parkurs mit dem Tier
- Förderung der Kognition z. B. Lernen über Eigenarten und Lebensgewohnheiten
- Soziale Kompetenzen z. B. Einhalten von Umgangsregeln mit dem Tier
- Gesundheitlicher Aspekt z. B. Reduzieren von Allergien, positiver Einfluss bei Herz- Kreislauf
- Förderung der Resilienz z. B. Reduktion negativer Körperempfindungen.
Die aufgezählten Kompetenzen, die beim Umgang mit einem Tier erworben werden können, bleiben ein Leben lang erhalten. Grundlegend für die Arbeit mit dem Tier ist es, dass neben den vielen positiven Aspekten für den Mensch auch das Tier profitieren soll.
Abschließend ist festzuhalten, dass jeder Einsatz abhängig von der Gruppengröße, von dem Betreuungsschlüssel der Einrichtung, der Persönlichkeit des Tieres sowie der Persönlichkeit der Kinder sowie von der geplanten Aktivität abhängig ist. Hierzu werden eindeutige Lernziele festgelegt, die durch das tiergestützte Arbeiten erreicht werden sollen.
Tiergestützte Fördermaßnahmen
Tiergestützte Fördermaßnahmen werden von mehr oder weniger ausgebildeten Personen aber auch ausgebildeten Sozialarbeiter angeboten. Das Tier, dient dabei als Hilfsmittel. Mit Tierbeobachtungen oder direkterem Kontakt können Menschen allen Altersstufen unterstützt werden, die einen speziellen Förderbedarf haben (vgl. Deutscher Tierschutzbund, 2021).
Tiergestützte Aktivitäten
Tiergestützte Aktivitäten sind geplante und zielorientierte Besuche, die von Mensch-Tier-Teams durchgeführt werden. Tiergestützte Aktivitäten kann jeder anbieten. Die Mensch-Tier-Teams müssen aber wenigstens ein einführendes Training, eine Vorbereitung und eine Beurteilung durchlaufen um diese Tätigkeit ausführen zu dürfen. (vlg. Bundesverband Tiergestützte Intervention, 2021). Beispiele für Tiergestützte Aktivitäten sind z. B. Wanderungen mit Tieren.
Ob also in einer Kindertageseinrichtung tiergestützte Pädagogik, eine tiergestützte Aktivität, eine tiergestützte Fördermaßnahme oder eine tiergestützte Therapie angeboten wird, hängt somit von der Qualifikation aber auch von einer geplanten Zielsetzung des jeweiligen Menschen- Tier Teams ab. Die tiergestützte Pädagogik wird von einer Fachkraft angeboten, die mit ihrem ausgebildeten Hund und den Kindern zusammen „arbeitet“. Auch wenn eine pädagogische Einrichtung z. B. einen Hasen besitzt, ist für diesen Hasen ein Hauptverantwortlicher zu bestimmen, der mit der Pflege, der Haltung und den Eigenheiten des Tieres vertraut ist. In diesem Fall handelt es sich auch um eine tiergestützte Pädagogik, da der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin der Einrichtung eine pädagogische Ausbildung absolviert hat, Fachkenntnisse über das Tier verfügt und Ziele für den Einsatz erarbeitet. Wenn eine Kindergartengruppe jedoch jeden Montag zum Hühner füttern den nahe gelegen Bauernhof besucht, wo die Besitzer keinerlei Ausbildung in diesem Bereich verfügen wird diese Aktivität als tiergestützte Aktivität bezeichnet.
Was ist der Unterschied zwischen Tiergestützter Pädagogik und Tiergestützter Therapie?
Leider gibt es bisher keine spezifischen gesetzlichen Regelungen zur tiergestützten Intervention. Daher ist eine Unterscheidung schwierig, da die Begriffe nicht geschützt sind und theoretisch jeder mit einem Tier tiergestützte Pädagogik oder tiergestützte Therapie anbieten könnte. Differenziert man es jedoch, so liegt ein Unterschied in der Berufsgruppe. Idealerweise wird eine tiergestützte Pädagogik von professionellen Pädagogen, Sonderpädagogen oder gleich qualifizierten Personen angeleitet und/oder durchgeführt.
Die tiergestützte Therapie wird von beruflich qualifizierten Personen im Rahmen ihrer Praxis innerhalb ihres Fachgebiets durchgeführt und/oder angeleitet. Dies können Psychologen, Ergotherapeuten, Logopäden ect. sein.
Wie wird man tiergestützter Pädagoge ?
Eigentlich ist die Voraussetzung um als tiergestützter Pädagoge arbeiten zu können, eine berufliche Ausbildung im sozialen Bereich.
Doch aufgrund der Tatsache, dass der Begriff tiergestützte Pädagogik nicht geschützt ist, gibt es viele Möglichkeiten und Anbieter um den Titel „Tiergestützter Pädagoge“ zu erwerben. Diese haben auch die verschiedensten Aufnahmevoraussetzungen. Das Angebot reicht von unterschiedlichen Fortbildungen für Erzieher/innen, dem Absolvieren eines Studiums oder eines Fernstudiums mit unterschiedlicher Dauer und einer großen Spannweite an Kosten. Eine weitere Möglichkeit um tiergestützt Arbeiten zu können ist eine Fachasbildung die einer einer universellen Ausbildung gleicht. Bei diesem Abschluss muss eine Prüfung sowie einer wissenschaftlicher schriftlichen Arbeit absolviert werden.
Es gibt jedoch Grundsätze für tiergestützte Ausbildungen nach ESAAT. Diese legen Qualitätsstandards für die theoretische und praktische Ausbildung fest.
Welche Tiere eignen sich für die tiergestützte Pädagogik ?
Viele Tierarten eignen sich für den Einsatz zur tiergestützten Intervention.
- Hund (Lesehund, Einzelförderung oder Kleingruppenarbeit)
- Katze (Beobachtung, Streicheln)
- Pferde, Ponys, Esel (Pädagogische und therapeutische Einsätze z. B. Therapeutisches Reiten, Füttern, Putzen, Führen)
- Ziegen, Schweine, Schafe und andere in der Landwirtschaft gehaltene Tiere (Pädagogische und therapeutische Einsätze z. B. Füttern)
- Lamas, Alpakas (Pädagogische und therapeutische Einsätze, tiergestützte Einsätze wie Wanderungen, Übungen mit Hindernissen)
- Meerschweinchen, Kaninchen, Ratten, Mäuse (Pädagogische und therapeutische Einsätze z. B.Füttern, Streicheln, Beobachtung)
- Hühner (Füttern und Versorgen, Beobachtung )
Die Einsatzmöglichkeiten sind hierbei vielfältig. Bei der Auswahl eines Tieres sind die Charaktereigenschaften und das Alter der Tiere wichtig.
Wichtig ist auch, vorab zu klären wer z. B. das Meerschweinchen bei Schließzeiten der Einrichtung versorgt.
Allgemeine Voraussetzungen für den Tiereinsatz innerhalb der Einrichtung
Bevor in einer Kindertagesstätte tiergestützte Pädagogik angeboten wird sollte vorab einiges geklärt werden.
- (Schriftliche) Einverständnis aller Beteiligten (Träger, Team, Eltern, Kinder)
- Abklärung möglicher Allergien
- Bei mobilen Einsatz - Kooperationsvertrag
- persönliche und fachliche Eignung des Tierhalters
- klare Verantwortlichkeiten innerhalb des Teams
- geeignet, freundlich, sozial aufgeschlossen und vertrauensvoll Wesen des Tieres
- Verankerung der tiergestützte Pädagogik im pädagogischen Konzept
- klare Regeln beim Umgang mit dem Tier (beispielsweise, dass Kinder den Hund nur streicheln, wenn es das gerade möchte oder nach dem Kontakt mit dem Tier die Hände waschen)
Gesetzliche und rechtliche Voraussetzungen für einen Tiereinsatz innerhalb der Einrichtung
Im Gegensatz zu vielen anderen Berufsfeldern, die Tiere einsetzten, ist die tiergestützte Arbeit in Deutschland nur durch das Tierschutzgesetz und die Gesetze und Verordnungen, die Haltung, Transport, Gefahrenabwehr und Kennzeichnung geregelt. Das Gesetz regelt unabdingbare Voraussetzung, dass die artgerechte Haltung der eingesetzten Tiere sowie der Umgang mit ihnen entsprechend der Merkblättern der Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. oder entsprechende länderspezifische Qualitätsrichtlinien und des Tierschutzgesetzes. Daraus lassen sich hinsichtlich des Qualitäts- Sicherheits- und Hygienemanagement wichtige Aspekte erschließen.
Falls du nicht in einer Kita angestellt bist und du tiergestützte Pädagogik in pädagogischen Einrichtungen anbietest und dafür Geld verlangst, wird von vielen Veterinärämtern ein Sachkundenachweis nach §11 Tierschutzgesetz verlangt. Dieser Nachweis belegt, dass der Besitzer die Sachkunde für die Tierart besitzt, mit der er umgehen will. Damit sollen das Leben und Wohlbefinden der Tiere, die sich in seiner Obhut befinden, geschützt und tierschutzwidrige Haltungs- oder Zuchtbedingungen verhindert werden. Tiergestützte Therapie wird von vielen Veterinärämtern als „Zurschaustellung“ angesehen (vgl. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Bundesamt für Justiz, 2021). Die gewerbsmäßige Haltung von Tieren braucht demnach eine behördliche Erlaubnis. Es muss vor Aufnahme der Tätigkeit ein Antrag beim zuständigen Veterinäramt gestellt werden.
Haltung
Die Person, die tiergestützt arbeitet, ist für das umfassende Wohlergehen des Tieres während des tiergestützten Einsatzes verantwortlich. Wichtig ist auch, dass vorab geklärt wird, wer sich beispielsweise um das Meerschweinchen während den Schließzeiten kümmert.
Ernährung
Auch die Trinkwasserversorgung (stets frisches Trinkwasser) und das Hygienemanagement geben Auskunft über die Voraussetzungen der tiergestützten Pädagogik. Ein Hund sollte beispielsweise kein Rohfleisch fressen, da sich hier Bakterien finden könnten und es somit ein Risiko für den Menschen sein könnte.
Hygieneschutzplan
Gemäß § 36 Infektionsschutzgesetzes müssen Gemeinschaftseinrichtungen die innerbetrieblichen Verfahrensweisen in Hygieneplänen festlegen. Es müssen somit hausinterne Regeln aufgestellt werden wie beispielsweise in welche Räumlichkeiten das Tier darf und in welche nicht.
Gesundheitsmanagement
Im sozialen Bereich eingesetzte Tiere müssen mit besonderer Sorgfalt tierärztlich überwacht werden, um eine Gesundheitsgefährdung von Kontaktpersonen auszuschließen. Auf folgende Aspekte muss geachtet werden:
- Schutzimpfungen
- Parasietenprohylaxe
- allgemeine Überprüfung (z.B. Haut, Fell, Kotprobe)
- Zoonose
- Infektionserkrankungen und Tierseuchen
- Name von der Redaktion geändert
Ansprechpartner: Sandra Leitl ist systemische Beraterin in München und arbeitet mit ihrem Hund Emmy tiergestützt. Sie ist spezialisiert auf die Arbeit mit Kindern und besucht mit ihren Mini Australien Shepherd Emmy soziale Einrichtungen.
www.sandra-maria-leitl.de
Buchtips:
Anne Kahlisch (2015): 77 Arbeitsideen für den Besuchs-und Therapiehundeeinsatz, Kynos Verlag
Veronika Beci, Jutta Lüdenbach, Petra Schumann (2018): Ein Hund in unserer Kita – TGI in Kindergruppen, Ökotopia Verlag
Marion Koneczny (2006): Hunde im Kindergarten - Praktische Anleitung zur tiergestützten Arbeit, Borgmann Media Verlag
Inge Strunz (2011): Pädagogik mit Tieren - Praxisfelder der tiergestützten Pädagogik, Schneider Verlag
Quellen:
Akademie für Tiernaturheilkunde: https://www.atn-ag.de/tiergestuetzte-paedagogik-definition, abgerufen am 29.05.21
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Bundesamt für Justiz: https://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/__11.html abgerufen am 29.05.21
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Bundesamt für Justiz: https://www.gesetze-im-internet.de/tierschtrv_2009/BJNR037500009.html, abgerufen am 02.06.21
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Bundesamt für Justiz: https://www.gesetze-im-internet.de/heilprg/BJNR002510939.html abgerufen am 29.05.21
Bundesverband Tiergestützte Intervention e. V.: https://www.tiergestuetzte.org/tiergestuetzte-interventionen, abgerufen am 23.7.21
Deutscher Tierschutzbund e. V. : https://www.tierschutzbund.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Broschueren/Tiergestuetzte_Interventionen.pdf, abgerufen am 23.7.21
ESAAT (2021): https://www.esaat.org/definition-tiergestuetzter-therapie/ ,abgerufen am 23.07.21
ATN (2021) https://www.atn-ag.de/tiergestuetzte-therapie-definition, abgerufen am 29.05.21
Sozialgesetzbuch – SGB (2021): https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/ifsg/36.html, abgerufen am 02.06.21
Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. (2021): Tiere im sozialen Einsatz. Merkblatt Nr. 131
Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. (2021): Kind und Hund. Merkblatt Nr. 104
Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. (2021): Nutzung von Tieren im sozialen Einsatz. Merkblatt Nr. 131.4 Hunde
Tierschutzbund (2022) https://www.tierschutzbund.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Broschueren/Tiergestuetzte_Interventionen.pdf, abgerufen am 4.10.22