
Neue Chancen in der Kinderbetreuung: Quereinstieg als Kita-Assistenzkraft ohne Vorerfahrung
Der Fachkräftemangel in Kindertagesstätten ist nach wie vor ein drängendes Thema. Um dem entgegenzuwirken, geht die Diakonie Rosenheim neue Wege und bietet erstmals eine Weiterbildung für Menschen an, die bisher keinerlei Erfahrung in der Kinderbetreuung haben. Der erste Kurs ist gestartet – mit gemischten Reaktionen.
Berufseinstieg über einen ungewöhnlichen Weg
Siri Kuomuon lebt seit einigen Jahren in Deutschland. Ursprünglich stammt sie aus Thailand, wo sie sich zur Flugbegleiterin ausbilden ließ. Heute sitzt sie mit Kindern im Morgenkreis der Münchner Kita „Welfenhöfe“ – lachend, helfend, zugewandt. Die Kleinen suchen ihre Nähe, zeigen ihr stolz ihre Pausenboxen und greifen nach ihrer Hand.
Obwohl sie eine externe Prüfung an der Kinderpflegeschule nicht bestanden hat, wollte ihre Einrichtung sie unbedingt behalten. Über das modulare Weiterbildungssystem des Bayerischen Sozialministeriums wurde ihr ein alternativer Weg in den Beruf eröffnet.
Motivation statt Vorerfahrung
Die neue Weiterbildung richtet sich gezielt an Menschen ohne pädagogische Vorkenntnisse. Die einzige Voraussetzung für den Einstieg ist ein Sprachzertifikat auf dem Niveau B1. Praxisstunden oder vorherige Ausbildung in der Kinderbetreuung sind nicht erforderlich.
Siri Kuomuon hat die ersten beiden Module erfolgreich abgeschlossen und unterstützt nun als Assistenzkraft das pädagogische Team – immer in Begleitung einer ausgebildeten Fachkraft.
Ein Modell mit Zukunft?
Jennifa Buljan, die den Kurs im oberbayerischen Mietraching leitet, sieht in der Weiterbildung eine große Chance. Sie selbst ist ausgebildete Kindheitspädagogin und Multiplikatorin im Auftrag des Staatsinstituts für Frühpädagogik. Die Schulung deckt viele wichtige Themen ab: von kindlicher Entwicklung über Kinderschutz bis hin zu Elternarbeit und pädagogischer Haltung.
„Die Teilnehmer*innen bringen ganz unterschiedliche Lebensgeschichten mit. Viele entdecken dabei erst, wie sehr ihnen die Arbeit mit Kindern liegt“, so Buljan.
Kritische Stimmen aus der Fachwelt
Trotz positiver Erfahrungen wird das Modell nicht von allen begrüßt. Fachschulen und Kita-Verbände äußern Bedenken. Victoria Kirsch vom Verband Kita-Fachkräfte Bayern mahnt: „Wir brauchen gut ausgebildetes Personal, nicht nur schnell verfügbare Unterstützung.“ Sie plädiert für höhere sprachliche Anforderungen, engere Zusammenarbeit mit Fachschulen und eine bessere Eignungsprüfung.
Trotz der Kritik erkennt auch Kirsch an, dass viele Assistenzkräfte großartige Arbeit leisten – es müsse aber ein qualitativer Standard gewahrt bleiben.
Mehr Wege, mehr Chancen
Für Jennifa Buljan steht fest: Der Bedarf in den Kitas ist so groß, dass neue Wege notwendig sind. Sie betont, dass die Weiterbildung nicht in Konkurrenz zur klassischen Ausbildung steht, sondern eine Ergänzung darstellt – vor allem für Menschen, die neu in den Beruf einsteigen möchten.
Auch Siri Kuomuon will ihren Weg weitergehen: Mit den Modulen 3 und 4 möchte sie sich zur Ergänzungskraft qualifizieren – eine Position, die der Kinderpflegerin gleichgestellt ist. Für sie ist klar: Die Arbeit mit Kindern ist mehr als ein Beruf – sie ist eine Herzensangelegenheit.
Quelle: BR24, Originalartikel erschienen am 09.04.2025.
Zum Originalartikel: BR24 – BR24 – Völlig ohne Vorerfahrung: Weiterbildung zur Kita-Assistenzkraft