Dürfen Lehrer eigentlich im Kindergarten arbeiten?
In Zeiten, in denen der Fachkräftemangel immer präsenter ist und viele Erzieherstellen lange unbesetzt bleiben, wird immer wieder die Frage laut, wie durch mehr oder weniger intensive Weiterqualifizierungsmaßnahmen Quereinsteiger in Kitas beschäftigt werden können.Aber warum möchten gerade Lehrer, die ein intensives Studium hinter sich haben und ein viel besseres Gehalt erwarten können als Erzieherinnen und Erzieher ausgerechnet im elementarpädagogischen Bereich arbeiten?

Zu wenig Erzieher, zu viele Lehrer

Die Gründe für diese Entscheidung sind vielseitig. Einige Lehrer, vor allem Grundschullehrer, stellen fest, dass sie Kinder lieber ohne Noten- und Leistungsdruck fördern möchten. Auch die pädagogische Arbeit generell kommt nach Ansicht vieler Lehrer in der Schule einfach zu kurz. Ein weiterer Grund, der Lehrer in die Kitas lockt, wiegt aber vermutlich noch schwerer: In vielen Bundesländern finden die Pädagogen einfach keine Anstellung an einer Schule. Es gibt zu viele Lehrer, gerade solche mit beliebten Fächerkombinationen. Das gilt für die Grundschule ebenso wie für weiterführende Schulen. Aber dann dürfte es doch kein Problem sein, als Lehrer einen Job in einem Kindergarten, einer Krippe oder einem Hort zu finden, oder?

So einfach ist das leider nicht, denn ein Lehramtsstudium enthält nach wie vor nur wenige pädagogische Anteile. Entwicklungspsychologische Grundlagen werden kaum gelehrt und der Fokus liegt zudem auf einer anderen Altersgruppe, nämlich je nach Schwerpunkt Kinder ab sechs Jahre oder Jugendliche.

 

Wer in Kitas arbeiten darf regeln die Kita-Gesetze

 

Ob Lehrer in den jeweiligen Bundesländern als Fach- oder Ergänzungskräfteveingesetze werden dürfen, regeln die jeweiligen Kita-Gesetze. Manchmal sind diese nicht eindeutig formuliert, so dass eine Auslegung zugunsten von Quereinsteigern möglich ist. Die Stadt München startete 2011 die Initiative „Grundschullehrkräfte im Erziehungsdienst“.  Die Lehrkräfte wurden zunächst als Kinderpfleger eingestellt und absolvierten berufsbegleitend eine 30 tägige Weiterbildung. Wer nach einem halben Jahr die Erzieherprüfung bestand, könnte als Fachkraft im Kindergarten arbeiten. Das Projekt wurde leider nicht weiter geführt, heute müssen Lehrer, die als Fachkraft eingestellt werden wollen, in Bayern teilweise den Weg über die Externen- bzw. Nichtschülerprüfung einschlagen. Als Ergänzungskraft dürfen zumindest Grundschullehrer aber auch ohne Zusatzqualifikation im Kindergarten, in der Krippe und im Hort arbeiten – das ergibt eine Prüfung des bayerischen Ministeriums für Familie und Soziales, welches Berufsabschlüsse hinsichtlich ihrer Eignung für eine Tätigkeit im Kindergarten prüft:

https://www.egov.bayern.de/kitaberufe/onlinesuche/suche.aspx

 

Die Gesetze sind in jedem Bundesland anders formuliert

 

In Baden-Württemberg ist das Kindertagesbetreuungsgesetz nach einer Überarbeitung von 2016 bereits so formuliert, dass Grund- und Sonderschullehrer als Fachkräfte eingesetzt werden können, wenn sie entweder ein einjähriges betreutes Berufspraktikum absolvieren oder eine berufsbegleitende 25-tägige Weiterbildung (Vergleiche §7, Absatz 2 Kindertagesbetreuungsgesetzt Baden-Württemberg).

Weiter heißt es dort:

„...Das Landesjugendamt kann darüber hinaus auf Antrag des jeweiligen Trägers ausnahmsweise weitere Personen als Fachkräfte zulassen, sofern sie nach Vorbildung und Erfahrung geeignet sind.“ 

 Und: 

Zusatzkräfte im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, die auf Grund ihrer Qualifikation in anderen Feldern die pädagogische Arbeit in einer Einrichtung bereichern. Über die Eignung als Zusatzkraft entscheidet der jeweilige Träger der Einrichtung. Absatz 9 bleibt unberührt.“ 

 

Es besteht also grundsätzlich auch für andere Lehrkräfte in Baden-Württemberg die Chance im Kindergarten zu arbeiten, beispielsweise für solche, die ein Lehramtsstudium für die Sekundarstufe II absolviert haben, allerdings werden diese wohl eher als Ergänzungs- oder Zusatzkraft eingesetzt. In NRW sieht es ähnlich aus:

https://www.kita.nrw.de/file/1578/download?token=OerN8ltn

 

Hier die Regelungen für Berlin:

http://erzieher-werden-in-berlin.de/wege-in-den-beruf/verwandte-berufe/

 

Weil an dieser Stelle nicht alle Informationen für die einzelnen Bundesländer aufgeführt werden können, geht es hier zu den Kita-Gesetzen der einzelnen Bundesländer:

https://bage.de/links/

Wenn die Gesetze keine eindeutigen Angaben zum Kita-Personal enthalten, sollten Interessenten recherchieren, ob es zusätzliche Vereinbarungen zur Qualifikation der Fachkräfte und Ergänzungskräfte gibt und gegebenenfalls bei den zuständigen Behörden nachfragen.

 

Es lohnt sich für Lehrer, am Ball zu bleiben

 Lehrer, die im Kindergarten arbeiten möchten, sind also nicht chancenlos. Es gibt sicherlich auch viele Einrichtungen und Träger, die gerne Lehrer beschäftigen würden, denn multiprofessionelle Teams entsprechen durchaus einem modernen pädagogischen Betreuungskonzept. Wichtig ist, dass Träger die Stellenangebote möglichst offen formulieren. Die Interessenten können sich auch initiativ bewerben und ihre potentiellen Arbeitgeber zudem darüber informieren, dass es oft möglich ist, vom Jugendamt bzw. vom Bildungsministerium des jeweiligen Bundeslandes Ausnahmegenehmigungen zu erhalten – gerade in Zeiten, in denen pädagogische Fachkräfte so händeringend gesucht werden. Auskünfte zur Anerkennung von Berufsabschlüssen für die Arbeit im Kindergarten erteilen die Kita-Aufsichtsbehörden in den einzelnen Landkreisen und  Bundesländern.

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